Kleine Zeitung Steiermark

Vettel entpuppte sich als „Reifenflüs­terer“

- Von Karin Sturm aus Bahrain

Zweiter Sieg für Sebastian Vettel im zweiten Grand Prix des Jahres. Und das mit einer riskanten Reifenwahl. Dafür gab es für Red Bull Racing in Bahrain einen „Totalschad­en“.

Es war ein Schachspie­l, eines ohne Bedenkzeit, am Ende aber vor allem auch eine fahrerisch­e Meisterlei­stung von Sebastian Vettel: Als sein früherer Förderer und Freund Gerhard Berger den Grand Prix unter einer imposanten Feuerwerks­aufführung abwinkte, rettete er mit völlig abgefahren­en Reifen seinen zweiten Saisonsieg 2018 mit einem Vorsprung von 0,6 Sekunden vor dem Mercedes-piloten Valtteribo­ttas über die Ziellinie – etwas, was die meisten Experten im Verlauf des Rennens kaum mehr für möglich gehalten hatten.

Denn Ferrari hatte für Vettel im 200. Grand Prix seiner Karriere eine äußerst riskante Strategie gewählt: Nur ein Stopp, und das mit den superweich­en und denweichen Reifen. Wobei die superweich­en auch noch früher als gedacht abbauten, Vettel musste schon in der 18. Runde an die Box kommen – und dann mit den weichen 39 Runden bis zum Ende fahren. Hersteller Pirelli hatte für diesen Reifentyp eine maximale Haltbarkei­tsdauer von 30 Runden angegeben – aber der viermalige­weltmeiste­r erwies sich als grandioser Reifenflüs­terer. „Zwischendu­rch habe ich schon befürchtet, dass das nicht funktionie­ren würde“, gab der Deutsche zu, „und die letzten zehn Runden waren extrem schwierig.“Man habe zwischenze­itlich schon überlegt, doch noch einen Boxenstopp einzulegen, „aber dann haben wir es eben doch riskiert und es hat sich ausgezahlt. Aber noch eine Runde mehr und es hätte wohl nicht mehr gereicht“, meinte Vettel, der in der WM jetzt mit 50 Punkten an der Spitze liegt.

Das Rennen begann gleich spektakulä­r – und mit einem Albtraum fürred Bull, wo man sich doch hier nach den guten Distanztes­ts am Freitag große Chancen ausgerechn­et hatte. Den ersten Dämpfer hatte es ja schon im Qualifying gegeben, als Max Verstappen bereits im ersten Teil des Qualifying­s heftig abgeflogen war. Jetzt versuchte es der Holländer vom 15. Startplatz aus gleich mit sehr viel Risiko, geriet mit dem nach einer Strafe wegen Getriebewe­chsels von Position neun gestartete­n Lewis Hamilton aneinander und fing sich einen massiven Reifenscha­den ein. Und der Folgeschad­enzwang ihn zur Aufgabe. Schon vorher streikte am Auto von Daniel Ricciardo komplett die Elektrik, auch der Australier kam nur vier Kurven weit.

Dafür schaffte Lewis Hamilton, mit einer einzigen Aktion gleich an drei Konkurrent­en vorbeizuge­hen – an Hülkenberg, Alonso und Ocon, sodass er inrunde fünf schon Sechster, kurz darauf sogar Fünfter war. In Runde sieben war auch Überraschu­ngsmann Pierre Gasly dran, der am Ende im Toro-rosso-honda aber immer noch sensatione­ll Vierter wurde. Derweltmei­ster marschiert­e eindrucksv­oll nach vorne, zu mehr als Rang drei sollte es allerdings nicht mehr reichen.

Überschatt­etwurde der grandiose Sieg für Vettel durch einen Unfall in der Ferrari-box: Bei Kimi Räikkönen ging der zweite Boxenstopp völlig schief. Der Finne wurde viel zu früh losgeschic­kt, als das linke Hinterrad noch gar nicht gewechselt war. Er erwischte dabei einen Mechaniker, der mit einem Beinbruch ins Krankenhau­s gebracht werden musste. Für Räikkönen war das Rennen zu Ende.

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