Kleine Zeitung Steiermark

Facebook, ein Reich des Bösen?

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Gründer und

Herausgebe­r der Wiener Stadtzeitu­ng „Falter“, Autor von Essays, Romanen und Kochbücher­n, Musik-, Diskurs- und überhaupt Liebhaber FLEISCHHAC­KER: Selbstvers­tändlich ist Facebook das Reich des Bösen. Sind ja auch Menschen dort. Und zwar, wennich das richtig verstanden habe, fast alle außer dem Thurnher. Womenschen sind, ist das Böse auch, so einfach ist das. Noch Fragen?

THURNHER: Falls Sie damit sagen wollen, ich sei der einzig Gute, darf ich Sie trösten, auch ich habe meine dunklen Seiten. Aber ein Kennzeiche­n des Bösen ist wohl, dass es über sich nicht die Wahrheit sagt und die Leute bei den Geschäften, die es mit ihnen macht, systematis­ch übers Ohr haut, um es milde auszudrück­en. Mark Zuckerberg betrachtet, wie wir wissen, seine 2,2 Milliarden Geschäftsp­artner, darunter auch Sie, als Trottel, als „dumb fucks“, wie er sagte, weil sie ihm sich und ihre Daten so vertrauens­selig ausliefern.

FLEISCHHAC­KER: Na ja, und da hat er auch recht, der Herr Zuckerberg. Alle, die ihm und seiner Firma ihredaten so vertrau- ensselig ausliefern und nebstbei Dinge von und über sich verbreiten, die ihnen später auf denkopf fallen, sind tatsächlic­h „dumb fucks“. Dass diese Trottel sich jetzt alle als Opfer gefallen dürfen, die von den bösen Digitalork­s aus dem kalifornis­chen Silicon Mordor überfallen werden, finde ich ein bisschen, wie soll ich sagen? Und Sie haben wirklich dunkle Seiten, Thurnher? Oder sagen Sie das jetzt nur so, weil’s gerade cool wirkt?

THURNHER: Natürlich tue ich nur so. Was mich dabei auszeichne­t, ist, dass ich mir nicht mehr darüber herauslock­en lasse. In der Art von Medium, die wir hier benützen, fällt mir das leicht. Auf Facebook hätte ich keine Chance. Aber Sie als Spezialist für hell/dunkel müssen doch zugeben, dass die Rhetorik des Mark Zuckerberg darauf hindeutet, dass er einiges zu verbergen hat. Er sagt ja wirklich, ohne dabei rot zu werden, er wolle nur Gutes tun und alle Menschen guten Willens zusammenbr­ingen für

Seit Wochen erhitzt der Daten-skandal rund um Facebook weltweit die Gemüter. Der Konzern ist stark unter Druck geraten

MONTAGE

eine bessere Welt. Da müssten doch bei Ihnen alle Glöcklein schrillen!

FLEISCHHAC­KER: Der Verdacht, dass Menschen, die salbungsvo­ll über ihre guten Absichten sprechen, Lügner sind, im besten Fall ehrliche Lügner (das sind die, die unter Druck für den Moment tatsächlic­h glauben, was sie sagen), lässt bei mir keine Alarmglock­en schrillen. Ich hätte sonst Daueralarm, und der bringt bekanntlic­h nichts. Mir fällt – apropos hell/dunkel – aber eines auf: Als Barack Messias Obama in seinen beidenwahl­kämpfen mit allen damals verfügbare­n Daten und sozialen Medien genau das tat, was spä- ter Cambridge Analytica für The Donald tat, da wurden Barackmess­ias und seinekampa­gnenkünstl­er für ihre Genialität gefeiert und man sah ein neues, helles Zeitalter der Bürgergese­llschaft heraufzieh­en, in dem das Gute jedem direkt und auf seine Weise zuteilwerd­en würde in der Gestalt einer personalis­iertennach­richt von Barack Messias. Jetzt, wo The Donald dasselbe macht, geht diese neue, hellewelt plötzlich unter. Ich fürchte, die Trottel sind vor allem unter den journalist­ischen Beobachter­n der Szenerie zu suchen.

kontr@ Einwortgef­echt ohne Sichtkonta­kt. Die Kontrahent­en sitzen vor ihren Laptops, schärfen Argumente und gehorchen drei Regeln:

THURNHER: Dawerde ich Ihnen nicht widersprec­hen. Es erfüllt mich auch nicht mit Genugtu-

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