Wenn das Herz ganz weit wird
Diese Stimme ist ein Fall fürs Weltkulturerbe. Der Bass René Pape begeisterte bei seinem Liederabend.
Man
hat sich an den Luxus gewöhnt, dass der Musikverein die besten Stimmen nach Graz lockt. Mit René Pape holte man das nächste Schwergewicht, einen Bass, der nicht nur Wagner-partien wie den Gurnemanz perfekt ausfüllt, sondern auch im Liedfach eine exzellente Figur abgibt.
Während Beethovens Gellert-lieder fast schon zu weihevoll klangen, entspricht die Noblesse von Papes klangprächtigem Bass den „Biblischen Liedern“Dvorˇáks ideal. Ergreifend sind diese sonoren Herzenstöne, die Pape im Dienste einer schlichten, fast folkloristischen Spiritualität aufbietet. Der von Pianist Camillo Radicke umsichtig begleitete Pape orgelt nicht dahin, sondern bietet ausgefeilte, dynamisch differenzierende Interpretationen, er verliert trotz der sinnlichen Fülle nicht einen gewissen Grad an Elastizität und fasziniert mit höchster Wortdeutlichkeit.
Diese quer durch die Lagen wunderschöne Stimme ist aber letztlich nur ein Instrument, ein Mittel zum Zweck, mit dem Pape eine Tiefe erreicht, die am Ende sprachlos macht. Mussorgskis „Lieder und Tänze des Todes“zählen zu den größten Werken, die je geschriebenworden sind. Pape mischt Verzweiflung, Fügsamkeit und Resignation und zeigt, was Liedgesang eigentlich ist: eine Mitteilung über menschliche Nöte und Empfindungen, die das Herz des Hörers weitet.
Die reizenden Zugaben: „Zueignung“von Strauss und „Kinderwacht“von Schumann. Martin Gasser