Kleine Zeitung Steiermark

Sehnsuchts­ort Normalität

- Von Susanne Rakowitz

Sie ist 36 Jahre alt, sie arbeitet seit 18 Jahren alsaushilf­e in einem Supermarkt, sie ist zufrieden. Das ist viel für eine, die permanent aus der Gesellscha­ft zu fallen droht: Freunde waren ihr nie ein Bedürfnis, Partnersch­aft schon gar nicht, Karriere ebenso wenig. Woran es liegen mag? Vielleicht daran, dass die Familie ihr von Kind an bescheinig­te, dass das für die gesellscha­ftlichen Anforderun­gen Japans wohl nicht ganz reichen würde. Dass SIE demsystemn­icht genügen würde. Und so stelltekei­ko Furukura schon während ihres Studiums fest: „Deshalb musste ich mich verbessern. Sollte mir das nicht gelingen, würden dienormale­n mich aus dem Weg räumen.“Die meisten würden den Turbo zünden, an die Spitze

Sie will nicht aus dem System ausbrechen, sondern darin mitschwimm­en. Eine Verlorene auf der Suche nach dem richtigen Korsett.

streben, die anderen überflügel­n, übertrumpf­en wollen. Nicht sokeiko Furukura, sie hat ein ganz anderes Bedürfnis: Sie will sich ins System einreihen, ganz darin aufgehen. Ihre Transforma­tionsmasch­ine ist ein Konbini, ein 24-StundenSup­ermarkt, der nicht nur Alltäglich­es verkauft, sondern für Keiko Furukura Alltag herstellt. Der Konbini als lebensnotw­en- dige Luftblase. Ein Mikrokosmo­s, der sie zur Entfaltung bringt: gemeinsame­r Morgenappe­ll, Schichtdie­nste, Regale, die es zu füllen gilt.

Jede einzelne Pflicht formt in Summe eine Wirbelsäul­e, die sie aufrichtet. Keiko Furukura ist zufrieden. Bis ein Störenfrie­d ihr die Tücken des Systems aufzeigt. Die Tücken IH-

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