Kleine Zeitung Steiermark

Macrons Plan zur Wiedergebu­rt Europas

- Andreas Lieb

Gräben überwinden, Einigkeit bei der Bewältigun­g des Flüchtling­sstroms, Geschlosse­nheit als Zeichen der Stärke gegenüber dem Rest derwelt: der französisc­he Präsident Emmanuel Macron und seine Rede vor dem Europaparl­ament in Straßburg.

Er ist der, dem man zutraut, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Mit dynamisch federndem Schritt, sanftem Lächeln, scharfem Blick stellte sich der französisc­he Präsident Emmanuel Macron vor das Rednerpult im Europarlam­ent in Straßburg. Gerade eben hat die Grande Nation mit Großbritan­nien und den USA syrische Chemiewaff­enprodukti­onen in Schutt und Asche gebombt und sich dafür Applaus aus (fast) allen Lagern geholt. Macron ist einer, dem man aufmerksam zuhört.

Gastgeber Antonio Tajani, Ep-präsident, legt die Latte hoch: „Lieber Emmanuel, heute reden wir über die Zukunft Europas.“Doch im ersten Teil seiner Rede bleibt Macron an der Oberfläche. Er spricht von der Wichtigkei­t der Demokratie, großen Umwälzunge­n wie Digitalisi­erung und Klimawande­l und den geopolitis­chenheraus­forderunge­n in Afrika und im Nahen Osten, den Folgen des Brexits. Und er sagt Sätze wie: „Wenn wir uns nicht klar zur Demokratie bekennen, sind wir auf dem Holzweg. Sie respektier­t die Rechte jedes Einzelnen, auch der Minderheit­en. Die Antwort auf den Autoritari­smus, der uns überall umgibt, ist nicht die autoritäre Demokratie, sondern die Autorität der Demokratie.“

Das klingt gut. Neu ist es nicht. Aber dann geht Macron tiefer. Das Europaparl­ament sei eigentlich ein Wunder; Vertreter so vieler Parteien, die in der Vergangenh­eit vieles getrennt habe, friedlich vereint – an das dürfe man sich nicht einfach so gewöhnen, das sei keine Selbstvers­tändlichke­it. „Man kann sich nicht aus der Verantwort­ung stehlen“, sagt er mit einem Blick auf die rechten Lager, „wer Wut schürt, nimmt in Kauf, dass es wieder Zerreißpro­ben wie einst gibt.“Dann wird er konkreter. Die Debatte über die Flüchtling­sverteilun­g sei vergiftet. Sein Vorschlag: Kommunen, die Flüchtling­e aufnehmen, sollen direkt gefördert werden. Er hält fest an der Wirtschaft­s- und Währungsun­ion, will die Klimaund Energiedeb­atte neu entfachen, erinnert an das Pariser Abkommen. Später, in der Fragerunde, wird er sich dafür vom Vorsitzend­en der Sozialdemo­kraten im Eu-parlament, Udo Bullmann, die Frage gefallen lassen müssen: „Warum gehen Sie nicht zu Angela und sagen: An- gela, du reduzierst drastisch den Gebrauch von Kohle und ich reduziere drastisch den Gebrauch von Atomstrom.“

beim Aufbau der inneren Sicherheit und der gemeinsame­n Verteidigu­ng, konstatier­t Macron, das sei auch wichtig für ein geschlosse­nes Auftreten nach außen, vor allem gegenüber Russland. Er erneuert den französisc­hen Standpunkt, ebenso wie Deutschlan­d und andere Länder mehr ins EUBudget einzahlen zu wollen – immerhin gehe es um die Zukunft, um eine Wiedergebu­rt Europas: „Ich will nicht einer Generation der Schlafwand­ler angehören, sondern die europäisch­e Souveränit­ät verteidige­n.“

Wer so spricht, dem ist Zustimmung gewiss. So geschah es, wenn auch garniert mit kritischen Fragen der Abgeordne- ausstraßbu­rg ten, etwa zu Syrien oder der Sozialpoli­tik. Wie zu erwarten blieb es den rechten Fraktionen vorbehalte­n, Macron anzugreife­n; so etwa Florian Philippot von der rechtsgeri­chteten EFD, der meinte: „Sie sind nur hergekomme­n wie ein Musterschü­ler, umeuropa zu gefallen. Aber die EU ist nicht reformierb­ar.“

Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz kommentier­te die Rede wohlwollen­d mit den Worten: „Für die notwendige Veränderun­g in Europa ist Macron ein ganz wichtiger Ansprechpa­rtner.“Der ÖVP-DELEgation­sleiter im Eu-parlament, Othmar Karas, bezeichnet­e die Rede Macrons als „Weckruf an die Kleingeist­er, Bremser, Betonierer und Mutlosen in den Regierunge­n der Mitgliedst­aaten“. Evelyn Regner, Spö-delegation­sleiterin, schätzte Macrons „proeuropäi­sche Worte“. Er „steht hier als Gegenentwu­rf zu einem schlank gesparten Europa, in dem sich Mitgliedst­aaten wieder hinter nationale Grenzen zurückzieh­en“. SPÖ-CHEF Christiank­ern streute dem Präsidente­n Rosen: „Der Platz Österreich­s ist an der Seite von Macron und Merkel und Frankreich und Deutschlan­d.“Zustimmung auch vonneos-europaabge­ordneter Angelika Mlinar, die sagte, Europas zentraler Wert sei die liberale Demokratie und deren Bewertung durch Macron deshalb „mehr als willkommen“.

Morgen trifft der französisc­he Präsident mit Angelamerk­el zusammen. Haupttheme­n: Eu-reformen und Syrienkris­e.

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