Womanmit Blut die Grenze schrieb
hat eine bewegte Geschichte. So auch seine Landeshymne. Dort, wo Tirol an Salzburg grenzt. Ihrtext stammt von J. T. von Gallenstein, veröffentlicht 1822 in der Carinthia. Die Strophen eins bis drei preisen dasnaturidyll von West nach Ost. Die vierte, monarchistische Strophe überlebte diewende ins 20. Jahrhundert nur kurz. Anno 1930 lobte die Landsmannschaft ein Preisausschreiben für eine neue vierte Strophe aus, mit der Kärntner Volksabstimmung zum Thema. Aus 256 Einsendungenwurde derbeitrag Agnes Millonigs preisgekrönt: Wo Mannesmut und Frauentreu’ / die Heimat sich erstritt aufs neu’, / wo man mit Blut die Grenze schrieb / und frei in Not und Tod verblieb. In der Schlusszeile wurde deutsch Heimatland zu herrlich Heimatland korrigiert. Ab 1933 wirkte Millonig als illegale Nationalsozialistin; 1938 verfasste sie das Anschlussgedicht „Das heilige Ja“. Zur offiziellen Landeshymnewurde das Kärntnerheimatlied erst 1966.
Ich bin dermeinung, dasswirheutenichtmehr mit Blut Grenzen schreiben möchten – Because it’s 2018 (© Justin Trudeau). Die Universität Klagenfurt ruft daher einenwettbewerb für eine neue Strophe aus: Für ein Kärnten, das inmitten eines vereinten, friedlichen Europa liegt, nach Überwindung zweierweltkriege und des Faschismus. Die Strophe soll für Offenheit, Toleranz und eine zeitgemäße Identität stehen. Beiträge senden Sie bitte bis 10. September an landeshymne@aau.at. Eine hochkarätige Fachjury wird die Gewinner küren; schöne Preise winken.
Man hat mir in der Hymnensache Geschichtsvergessenheit vorgeworfen; den Text zu ändern sei ahistorisch. Das dürfte 1930 niemanden gestört haben. Und unser Geschichtsbewusstsein sollte nicht mit 1930 enden.
auch diemarseillaise hat einenblutrünstigen Text. Sie ist jedoch zu einem Symbol der Französischen Revolution geworden: trotz all ihrer brutalen Untiefen einewiege der modernen Demokratie. Wofür die vierte Strophe der Kärntner Landeshymne ein Symbol ist, weiß ich nicht so genau. Wohl ist mir nicht dabei.
ist Rektor der Universität Klagenfurt und Vizepräsident der Universitätenkonferenz
Ja, auch die Marseillaise hat einen blutrünstigentext. Sie ist jedochzumsymbol der Französischenrevolution geworden.