Die Ärmel aufgekrempelt
Clever und smart, so will Emmanuelmacron den ins Stottern geratenen Eu-motor wieder ins Laufen bringen. Doch ständig kommt Sand ins Getriebe – auch aus Deutschland.
Mit sanftem Strahlen, wie es jungen, dynamischen Managern eigen ist, stand Emmanuel Macron vor dem Europaparlament in Straßburg und erklärte seinen Plan zur Rettung der Union. Der französische Präsident ist einer, dem man viel zutraut; nicht nur seit den Angriffen auf Assads Giftgasfabriken, die Frankreich mit Großbritannien und den USA durchgeführt hat, gilt er als Mann der Tat, einer, der die Ärmel aufkrempelt und anpackt, während die anderen nur Reden schwingen.
Die innere Balance Europas ist gestört, mit dem baldigen Wegfall der Briten gewinnt die deutsch-französische Achse wieder an Bedeutung. Doch messianische Züge nahm die Rede Macrons – fast möchte man sagen: zum Glück – dennoch nicht an. Der smarte Präsident verlor sich etwas in Allgemeinplätzen, sprach von einer „Trumpfkarte Demokratie“und einer „neuen europäischen Souveränität“, um die „Bürger gegen die Unordnung in der Welt zu schützen“.
Doch was am Rednerpult so schön klingt, ist in der wirklichen Welt eine Herkules-auf- gabe. Der starke Partner Deutschland ist nach der langen Phase der scheiternden Regierungsbildung immer noch mehr mit sich selbst beschäftigt und sandte zuletzt eher irritierende Signale.
Eines der Hauptprojekte der großen Mächte, die Einrichtung eines europäischen Währungsfonds, ist nicht nur innerhalb Europas eine Streitfrage, sondern selbst in den Reihen von Merkels CDU machte dieser Tage ein kritisches Papier die Runde – obwohl das Thema im deutschen Koalitionsvertrag klar verankert ist.
Auch Macron kann nicht leugnen, dass es in der Flüchtlingsfrage mehr als eine Baustelle gibt. Streit um die Aufnahmequoten, Verkürzung und Vereinheitlichung der Asylverfahren, europaweite Neuorganisation der Mittelverteilung bis hin zum Plan, mehr Geld an jene Kommunen zu zahlen, die Flüchtlinge aufnehmen, lassen sich nicht von heute auf morgen lösen. Stattdessen musste er sich in der Diskussion den Vorwurf gefallen lassen, dass gerade Frankreich im Umgang mit Asylsuchenden alles andere als vorbildhaft sei.
Macron fordert Geschlossenheit nach außen, allein schon als Gegenpol zu Putins Russland. Und er will die Europäer wieder ins Boot holen, ihnen die Beteiligung an Wahlen und an den Vorzügen der Union schmackhaft machen. b das gelingt, ist fraglich. Die Europäer wollen durchaus mehr EU – aber hauptsächlich, wenn es um Grenzschutz, Kampf gegen den Terrorismus und Klimaschutz geht. In den meisten anderen Bereichen fühlen sich die Bürger überreglementiert oder einfach schlecht behandelt.
Das Problem ist: Die Zeit drängt. In zwei Wochen wird der Entwurf zum mehrjährigen Finanzrahmen präsentiert und in allen Lagern bereitet man sich auf die Europawahlen im nächsten Frühjahr vor. Um in diesem Umfeld zielführende Reformen zu erwirken, reicht eine Rede nicht aus.
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