Kleine Zeitung Steiermark

Stunde derwahrhei­t

Heute findet in Salzburg die letzte der vier Landtagswa­hlen statt. Danach wäre die Luft rein für substanzie­lle Reformen am System Österreich. Die Feuerprobe für Türkis-blau.

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Mit dem Urnengang in Salzburg schließt sich heute der Kreis der Kurfürsten-wahlen. Zuvor waren mit Johanna Mikl-leitner (NÖ), Tirols Günther Platter und Peter Kaiser in Kärnten die jeweils aussichtsr­eichsten Anwärter mit monarchisc­her Klarheit an die Spitze gewählt worden. Nicht anders wird es an der Salzach sein. Wilfried Haslauer steht als alter neuer Landeshaup­tmann so gut wie fest. Auch in Salzburg ist nirgendwo eine Wechseldyn­amik spürbar, obwohl es in den ländlichen Milieus angeblich so sehr gärt.

Nichts davon ist spürbar. Das Klima ist machtfreun­dlich und affirmativ. Auch Haslauer wird kräftig dazugewinn­en und in die Nähe absoluter Mehrheit gehoben werden. Auch er wird bei der Partnerwah­l aus dem Vollen schöpfen und Nutznießer eines Phänomens sein, das die viri probati, die erprobten Amtsinhabe­r, mit noch mehr Machtfülle ausstattet.

Wie erklärt sich dieses Verlangen nach Kontinuitä­t, nach bruchlosem Fortschrei­ben bestehende­r Verhältnis­se? Vermutlich hat es mit Psychologi­e zu tun: Wenn die Welt aus dem Lot und in Unordnung gerät, sehnen sich die Leute nach Ordnung und Vertrauthe­it innerhalb ihres Identitäts­raumes. Das Bedürfnis nach Veränderun­g ist mit dem Regierungs­wechsel offenbar befriedigt worden. Eine Etage darunter wuchert der Wunsch nach Stabilität. Ihm haben alle drei Wahlsieger mit ihrer glamourfre­ien Solidität, die sie verkörpern, in hohem Maß entsproche­n. Das gilt auch für Haslauer.

Für den Kanzler endet damit der politische Honeymoon. Er wird mit einem neuen Selbstbewu­sstsein aus den Ländern konfrontie­rt sein. Beiläufig Gesprochen­es wie „Türkiswar nur PR“(Haslauer) deuten eine Emanzipati­on an, die sich schon im Regress-poker und im Kassenstre­it abgezeichn­et hat. Das wird sich bei freundlich­em Mienenspie­l verschärfe­n.

Gleichzeit­ig steigt für Sebastian Kurz der Druck, die Hap- penstrateg­ie der ersten Monate hinter sich zu lassen. Jetzt, da die letzte Wahl in den Ländern geschlagen ist, bräche die Zeit an, langfristi­ge Reformen auf den Weg zu bringen und Fehlstellu­ngen im „System Österreich“zu korrigiere­n. Vor allem in derwirtsch­aft, die mehrheitli­ch auf Kurz setzte, macht sich eine aufgestaut­e Ungeduld spürbar. „Da war noch nicht viel, da muss jetzt was kommen“, meinte kürzlich im Gespräch Kurz-promotor Stefan Pierer und mahnte in forschem Ton die vertagte Liberalisi­erung der Arbeitszei­ten ein. s ist jetzt am Kanzler, das Zeitfenste­r und die Thermik zu nutzen, solange die FPÖ solide, knittelfel­dfreie Ergebnisse einfährt. Eine Frage rückt in den Mittelpunk­t, die bisher nur spekulativ beantworte­t werden konnte: Ist der Kanzler innerlich bereit, seine Popularitä­t auch dafür einzusetze­n, das unpopulär Notwendige zu tun, oder beschränkt er sich darauf, populär zu bleiben? Etwa: indem man Asylwerber­n das Geld abknöpft. Die nächsten Monate werden erstmals Aufschluss über den Substanzge­halt der Regierung geben.

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