Don Quixote mitdemmopp
Musik-commedia facht furios Freudenstürme an.
Zuletzt liegen Tassen, Aktenordner, Schuhe, Papier und Pizzaschachtel auf der Bühne im Minoritensaal. Die Neue Hofkapelle Graz lüftet das Strandgewand zum finalen Spektakel. Und Adrian Schvarzstein watschelt mit Schnorchel und Schwimmflossen vorbei am entflammten Publikum. Der grandiose Meister wortloser Commedia entfacht mit seinem„don Quixote“als clowneskem „Orchesterspiel gegenwindmühlen“einen Freudensturm. Mit Besen undmopp kehrt er den Saubermann heraus und galoppiert durch Telemanns „Ouverture Burlesque“; feuert dasorchester mittrillerpfeife an, stoppt es per Fernbedienung, zieht ihm die Schuhe aus. Unirritiert brilliert die hochkarätige Kapelle, ob bei de Boismortiers „Don Quichotte chez la Duchesse“oder Telemanns „Don Quichotte auf derhochzeit des Comacho“. Auch, wenn zwischendurch Fingernägel lackiert oder EZigarettengequalmtwerden. Und der Hofgaukler löffelt seinentee inklusive Sackerl, während das verzauberte Publikum den Abend sicher lange nicht vergisst.
Elisabeth Willgruber-spitz KLEBEL
Ein Leben ohne Limits!“Davon träumen dieurlauber, die Westworld besuchen. Der futuristische Themenpark lässt den Mythos des Wilden Westens bis ins kleinste Detail Wirklichkeit werden. Eine Welt der Abenteuer, in der sich Revolverhelden, leichten Mädchen, Soldaten, Sheriffs, anmutigen Farmerstöchtern, Waffenschmugglern und Indianern begegnen lässt. Hinter den Figuren stecken freilich Androiden, Menschen zum Verwechseln ähnliche Roboter, darauf programmiert, alle Wünsche und Sehnsüchte der Gäste zu befriedigen. Die Touristen bezahlen Unsummen, um sich in Westworld simulierten Abenteuern hinzugeben. Wobei sie sich meist darauf beschränken, ihre Gewalt- und Sexphantasien auszuleben. „Wer immer das hier auch aufgemacht hat, hat nicht viel vom Menschen gehalten“, sagt Billy, einer der wenigen menschlichenhelden der Serie.
Der Abenteuerspielplatz Westworld ist auch Metapher für einen aus denufern getretenen Kapitalismus, einer auf Konsum fixierten Welt, in der sich die Besitzenden einem Hedonismus hingeben, dessen Dimension selbst die Dekadenz der alten Römer verblassen lässt, während die Zuseher allmählich Sympathien für die Maschinensklaven entwickeln.
Autor Jonathan Nolan, Bruder des Regisseurs Christopher, und seine Ehefrau Lisa Joy sind die Erfinder der Serie, die sich weit vom namensgebenden Film Michael Crichtons aus dem Jahr 1973 entfernt hat. Typisch für eine Produktion aus dem Hause Nolan ist die verschachtelte, mit Zeitebenen und Perspektiven jonglierende Erzählweise von „Westworld“, das auch deshalb so aufwendig und komplex angelegt ist, weil es dem schwächelnden Giganten der Tv-serien-innovation HBO wieder Respekt von der Konkurrenz verschaffen sollte.
Im Mittelpunkt von „Westworld“steht eine Frage, welche das Genre Science-fiction schon immer umgetrieben hat: Was hieße es, wenn künstliche Existenzen intelligent würden, wenn sie sogar ein Bewusstsein entwickeln könnten? Und stets knüpft sich daran die Schreckensvision, dass sie die Herrschaft über den Menschen anstreben.
Die immer wieder zerstörten und reparierten Maschinen aus „Westworld“erinnern sich plötzlich bruchstückhaft an frühere „Leben“und empfinden dieungerechtigkeit ihrer Situation. Schuld daran haben der Park-erfinder Ford und sein mysteriöser Partner Arnold. Die sich zu Gottähnlichkeit aufschwingenden Wissenschaftler haben sich in Frankenstein-tradition zur Idee verstiegen, die Roboter in Menschen zu verwandeln, ihnen Emotionen und ein Bewusstsein zu „schenken“. „Leiden macht den Androiden lebendig, echt“, erkennt ihr Schöpfer Ford.