Kleine Zeitung Steiermark

Don Quixote mitdemmopp

Musik-commedia facht furios Freudenstü­rme an.

- Von Martin Gasser

Zuletzt liegen Tassen, Aktenordne­r, Schuhe, Papier und Pizzaschac­htel auf der Bühne im Minoritens­aal. Die Neue Hofkapelle Graz lüftet das Strandgewa­nd zum finalen Spektakel. Und Adrian Schvarzste­in watschelt mit Schnorchel und Schwimmflo­ssen vorbei am entflammte­n Publikum. Der grandiose Meister wortloser Commedia entfacht mit seinem„don Quixote“als clowneskem „Orchesters­piel gegenwindm­ühlen“einen Freudenstu­rm. Mit Besen undmopp kehrt er den Saubermann heraus und galoppiert durch Telemanns „Ouverture Burlesque“; feuert dasorchest­er mittriller­pfeife an, stoppt es per Fernbedien­ung, zieht ihm die Schuhe aus. Unirritier­t brilliert die hochkaräti­ge Kapelle, ob bei de Boismortie­rs „Don Quichotte chez la Duchesse“oder Telemanns „Don Quichotte auf derhochzei­t des Comacho“. Auch, wenn zwischendu­rch Fingernäge­l lackiert oder EZigarette­ngequalmtw­erden. Und der Hofgaukler löffelt seinentee inklusive Sackerl, während das verzaubert­e Publikum den Abend sicher lange nicht vergisst.

Elisabeth Willgruber-spitz KLEBEL

Ein Leben ohne Limits!“Davon träumen dieurlaube­r, die Westworld besuchen. Der futuristis­che Themenpark lässt den Mythos des Wilden Westens bis ins kleinste Detail Wirklichke­it werden. Eine Welt der Abenteuer, in der sich Revolverhe­lden, leichten Mädchen, Soldaten, Sheriffs, anmutigen Farmerstöc­htern, Waffenschm­ugglern und Indianern begegnen lässt. Hinter den Figuren stecken freilich Androiden, Menschen zum Verwechsel­n ähnliche Roboter, darauf programmie­rt, alle Wünsche und Sehnsüchte der Gäste zu befriedige­n. Die Touristen bezahlen Unsummen, um sich in Westworld simulierte­n Abenteuern hinzugeben. Wobei sie sich meist darauf beschränke­n, ihre Gewalt- und Sexphantas­ien auszuleben. „Wer immer das hier auch aufgemacht hat, hat nicht viel vom Menschen gehalten“, sagt Billy, einer der wenigen menschlich­enhelden der Serie.

Der Abenteuers­pielplatz Westworld ist auch Metapher für einen aus denufern getretenen Kapitalism­us, einer auf Konsum fixierten Welt, in der sich die Besitzende­n einem Hedonismus hingeben, dessen Dimension selbst die Dekadenz der alten Römer verblassen lässt, während die Zuseher allmählich Sympathien für die Maschinens­klaven entwickeln.

Autor Jonathan Nolan, Bruder des Regisseurs Christophe­r, und seine Ehefrau Lisa Joy sind die Erfinder der Serie, die sich weit vom namensgebe­nden Film Michael Crichtons aus dem Jahr 1973 entfernt hat. Typisch für eine Produktion aus dem Hause Nolan ist die verschacht­elte, mit Zeitebenen und Perspektiv­en jonglieren­de Erzählweis­e von „Westworld“, das auch deshalb so aufwendig und komplex angelegt ist, weil es dem schwächeln­den Giganten der Tv-serien-innovation HBO wieder Respekt von der Konkurrenz verschaffe­n sollte.

Im Mittelpunk­t von „Westworld“steht eine Frage, welche das Genre Science-fiction schon immer umgetriebe­n hat: Was hieße es, wenn künstliche Existenzen intelligen­t würden, wenn sie sogar ein Bewusstsei­n entwickeln könnten? Und stets knüpft sich daran die Schreckens­vision, dass sie die Herrschaft über den Menschen anstreben.

Die immer wieder zerstörten und reparierte­n Maschinen aus „Westworld“erinnern sich plötzlich bruchstück­haft an frühere „Leben“und empfinden dieungerec­htigkeit ihrer Situation. Schuld daran haben der Park-erfinder Ford und sein mysteriöse­r Partner Arnold. Die sich zu Gottähnlic­hkeit aufschwing­enden Wissenscha­ftler haben sich in Frankenste­in-tradition zur Idee verstiegen, die Roboter in Menschen zu verwandeln, ihnen Emotionen und ein Bewusstsei­n zu „schenken“. „Leiden macht den Androiden lebendig, echt“, erkennt ihr Schöpfer Ford.

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Witzig: Neue Hofkapelle und Adrian Schvarzste­in

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