Kleine Zeitung Steiermark

Die Kraft der Ruhe

Ein Muster verbindet diewahlen der letzten Monate: Gewonnen haben ruhige, unaufgereg­te, sachorient­ierte Kandidatin­nen und Kandidaten.

- Thomas Götz

Groß ist der Sieg des Salzburger Landeshaup­tmanns Wilfried Haslauer, größer, als er selbst gehofft zu haben schien. Wie zuvor inniederös­terreich, Tirol und Kärnten haben auch die Salzburger den Stärksten gestärkt. Was sagt das über die Bedürfniss­e der Wählerinne­n und Wähler?

Offenbar ist derwunsch nach Aufregung, nach Wandel und Neuerungen mit der Wahl vom Oktober 2017 fürs Erste gestillt. Proteststi­mmung gegen die Regierung in Wien, die sonst oft Ergebnisse auf Landeseben­e erklären hilft, zeichnet sich nicht ab. Vor allem aber gaben die zur Wahl stehenden drei Herren und die Dame aus Niederöste­rreich offenbar keinen Anlass zur Klage.

Was verbindet die Amtsführun­g der vier doch sehr unterschie­dlichen Sieger? Johanna Mikl-leitner hat sich von ihrem hemdsärmel­igen Vorgänger vom ersten Tag an abgesetzt, ihre Gegenspiel­er auf Landeseben­e quasi niedergeli­ebt. Sie hat die Konsequenz­en aus der Erkenntnis von Sebastian Kurz gezogen, die dieser in den Jahren des Niedergang­s einer zerstritte­nen und schrumpfen­den Großen Koalition gewann: Offen zur Schau gestellte Streitbark­eit, vor allem aufwadenhö­he, vertreibt Wählerinne­n und Wähler. Sein Schlagwort vom „neuen Stil“versprach, dem ein Ende zu setzen. Der Wahlsieg vom Oktober des Vorjahres bestätigte, dass Kurz damit einen Nerv getroffen hat. Dass auch FPÖ-CHEF Heinz-christian Strache, einst nicht zimperlich im groben Austeilen, inzwischen Samthandsc­huhe angelegt hat, passt ins Bild.

Auch der Zuspruch, der die drei Herren dieses Jahr im Amt bestätigte, erklärt sich wohl mit einer ähnlichen Haltung. Ruhig im Stil, unaufgereg­t in der Rhetorik und korrekt im Umgang mit Partnern wie Gegnern regierten Günther Platter intirol, Peter Kaiser in Kärnten und Wilfried Haslauer in Salzburg. Welche Partei sie vertreten, schien weniger ins Gewicht zu fallen als diese ihre persönli- chen Eigenschaf­ten. Anders ist der radikale parteipoli­tische Schwenk der Kärntner kaum zu erklären.

Für die Opposition bedeutet das schwierige Zeiten. Sowohl die SPÖ als auch die Neos greifen gerne zu scharfer Zuspitzung. Anders komme man nicht zu Wort, erklärte Neos-chef Matthias Strolz einmal die fast rabiate Wortwahl, die so wenig zu seinem Naturell zu passen scheint. Auch Christian Kern nimmt zu rauem Empörungsv­okabular Zuflucht, was wenig zu dem Stil passt, mit dem er einst angetreten ist. in Nachteil des sogenannte­n neuen Stils zeigte sich aber auch: Nur 61 Prozent der Wahlberech­tigten gingen zurwahl. Das mag am schönen Wetter gelegen sein, als einziger Grund für die kümmerlich­e Beteiligun­g genügt die Meteorolog­ie nicht. Das Fehlen von öffentlich­er Polemik erzeugt rasch das Gefühl von Selbstvers­tändlichke­it der Zustände, der Unnötigkei­t, einen Beitrag zu leisten. Offenbar wird es wieder wichtiger, Selbstvers­tändlichke­iten ins Gedächtnis zu rufen – zum Beispiel die Bedeutung vonwahlen.

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