Gebt euch nicht als Juden zu erkennen!
Der Nationalratspräsident fordert eine Debatte über den „europäischen Islam“. Ob dieser einwunschtraum bleibt?
dürfe kein Schimpfwort auf Schulhöfen sein, sagte diese Woche Cdu-fraktionsvorsitzender Volker Kauder in Berlin. Anlass war der Übergriff eines Flüchtlings auf einen Mann mit Kippa in Berlin. Im österreichischen Antisemitismusbericht kommt dieses Schimpfwort immer wieder vor. Ob sich Antisemitismus, wie die Muslimin Seyran Ate¸s jetzt warnt, „durch den politischen Islam in Europa breitmacht“? Mit Sicherheit nicht nur durch den Islam, wie rechtsradikale Texte von Rappern oder Äußerungen an einer Carina Kerschbaumer Wienerhtl„ein Jude darf nicht Bereichsleiter sein“beweisen. Geradezu erschreckend wird es, wenn sich nun der Präsident des Zentralrates der deutschen Juden zum Appell gezwungen sieht, „sich nicht offen mit einer Kippa ingroßstädten zu zeigen“. Soll heißen: Gebt euch nicht als Jude zu erkennen. Und das im Jahr 2018?
Nationalratspräsident möchte nun über einen „europäischen Islam“reden, auch um „gut integrierte Muslime in Schutz nehmen zu können“. Neos-chef Strolz fordert eine „entschlossene Islamkritik schon aus Respekt gegenüber dem Islam“. Ignoranz oder Feigheit seien es, sich dem Thema aus Angst vor der Stärkung der Islamophobie nicht zu stellen.
Es wird wohl beides sein. Hat sich ja jeder damit abgefunden, dass eine liberale Muslimin wie Ate¸s rund um die Uhr wegen Morddrohungen bewacht werden muss. Oder dass der Sozialwissenschaftler Bassam resigniert feststellte, dass es eine Europäisierung des Islam, für die er jahrzehntelang eintrat, nicht geben werde. Der Kopftuch-islam als Zeichen einer islamistischen Uniform und nicht als Ausdruck von Religiosität habe sich, schreibt er, durchgesetzt.
Möglich, dass er mit 74 zum Pessimisten geworden ist. Möglich, dass er nurrealist ist. Möglich, dass er sich irrt.
Hoffentlich Letzteres.