Vom schönen Schein zu Schutt und Asche
Celeste Ng zeigt, wie sich kleine Aversionen in emotionale Flächenbrände verwandeln.
Das
Städtchen
Shaker Heights gibt es tatsächlich. Amrande von Cleveland gelegen und auf dem Reißbrett entworfen, gilt es als USMustersiedlung. Die Toleranz ist hoch, die Kriminalität gilt als Fremdwort, die Bildungsmöglichkeiten sind herausragend. Ob die Bewohner dieses Idylls Freude an dem neuen Roman von Celeste Ng (sprich: ing) haben, ist auszuschließen. Er spielt in Shaker Heights.
Wie schon in ihrem großartigen Debütroman „Was ich euch nicht erzählte“beweist die Us-literatin ihre exzellenten Fähigkeiten, aus trügerisch kleinen Aversionen oder Emotionen seelische Brandherde entstehen zu lassen, die sich in Flächenbrände verwandeln. Diesfalls ist es eine Adoptionsaffäre, ausgelöst durch diekurzschlusshandlung einer im Ort arbeitenden Chinesin. Sie fordert ihr Kleinkind zurück, löst einen von den Medien begierig aufgegriffenen Streitfall aus. Der daraus resultierende Skandal zerstört nicht nur die halbwegs heile Welt der sechsköpfigen Familie Richardson, er löst auch weitere Kettenreaktionen aus.
Es spricht für das Selbstbewusstsein der Autorin, dass sie ihr raffiniert aufgebautes Werk gleich mit der Katastrophe, dem abgefackelten Haus der Richardsons, beginnt, um dann, Stück für Stück, wendungsreich und überraschend, bloßzulegen, wo überall psychische Lunten gelegtwurden. Ein Familiendrama mit Feinschliff. Werner Krause Celeste Ng. Kleine Feuer überall. dtv, 284 Seiten, 22,70 Euro.