Kleine Zeitung Steiermark

Journalist­in als Geisel der türkischen Politik

Schikanen gegen Me¸sale Tolu sind gegen die Pressefrei­heit gerichtet.

- Ute Baumhackl

achtmonate saß sie, gemeinsam mit ihrem damals erst zwei Jahre alten Sohn, in türkischer­untersuchu­ngshaft. Seit vier Monaten ist die aus Ulm gebürtige deutsche Journalist­in und Übersetzer­inme¸sale Tolu (33) auf freiem Fuß, darf aber die Türkei nicht verlassen. Derzeit läuft gegensieun­dihren ebenfalls angeklagte­n Ehemann Suat Çorlu ein Prozess: wegen „Terrorprop­aganda“und angebliche­r Mitgliedsc­haft in einer linksextre­men Terrororga­nisation. Tolus Vergehen: Sie berichtete von linkspolit­ischen Veranstalt­ungen. Ihr nächster Verhandlun­gstermin ist der 16. Oktober. So lange bleibt das Ausreiseve­rbot in Kraft.

Schikanen gegen Tolu sind typisch für die systematis­che Unterdrück­ung der Pressefrei­heit, die sich nicht nur in der Türkei etabliert hat. Zum heutigen Tag der Pressefrei­heit meldete die Vereinigun­g „Reporter ohne Grenzen“für 2017 weltweit 65 getötete, 326inhafti­erteund54 als Geiseln gehaltene Journalist­en. Allein in türkischen Gefängniss­en sitzen derzeit 184 Journalist­innen und Journalist­en, Tolu zählt mit der Publizisti­n Aslı Erdogan˘ und dem „Welt“-korrespond­enten Deniz Yücel zu den prominente­sten. Die „gezielte Zerschlagu­ng der Zivilgesel­lschaft und den Missbrauch des Ausnahmezu­stands zu diesem Zweck“sieht Andrew Gardner von Amnesty Internatio­nal im Vorgehen der Türkei.

Leid, sagteme¸sale Tolu jüngst in einem Interview, tue ihr vor allem ihr Sohn Serkan. Er sehne sich nach zu Hause. In Ulm wird dem mittlerwei­le Dreijährig­en seitmonate­n ein Kindergart­enplatz freigehalt­en. Gegen ihr Ausreiseve­rbot will Tolu Einspruch einlegen – und trotz allem weiter journalist­isch arbeiten, versichert sie.

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Journalist­in Mesale¸ Tolu wird mit ihrem kleinensoh­nin der Türkei festgehalt­en

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