Mit Sprengstoffgürtel
im Trainingscamp in Pakistan wieder zu sich gekommen: „Sie haben gesagt, dass ich kämpfen muss. Ich habe das abgelehnt.“Taliban hätten acht Jahre davor seinen Vater vor seinen Augen getötet, sagt der Angeklagte. Er sei total gegen die Taliban: „Das sind wildemenschen, die außer der Tyrannei nichts kennen. Solche Leute gibt es nirgendwo sonst auf der Welt“, meint der 20-Jährige. Er sei misshandelt und einer Gehirnwäsche unterzogen worden, damit er kämpfte. „Erst als sie mir gedroht haben, mich zu erschießen, habe ich Ja gesagt. Das hätte jeder andere an meiner Stelle auch gemacht“, erklärt er. Die Anklage stütze sich nur auf drei knappe Protokolle, die verfasstwurden, als der 20-Jährige seinen Asyl- antrag gestellt hatte, sagt der Verteidiger. Die Protokolle seien widersprüchlich.
Gemeinsam mit fünf anderen habe er auf den Us-flughafen Kandahar einen Selbstmordanschlag verüben sollen, erzählt der 20-Jährige. Auf dem Weg habe er sich des Spreng-
Der 20-jährige afghanische Asylwerber gab vor Gericht an, er sei von den Taliban entführt worden und habe sich ihnen nicht freiwillig angeschlossen
SCHÖBERL-NEGISHI
stoffgürtels entledigt, sei mithilfe eines Freundes außer Landes geflüchtet. Im Jahr 2015 stellte er in Österreich einen Asylantrag.
Auch die Fotos, die am Handy des Angeklagten gespeichert waren, sind laut Staatsanwaltschaft freiwillig entstanden: Auf ihnen posiert der 20-Jähri- ge bewaffnet für die Taliban. „Stimmt nicht“, sagt er vor Gericht. Auch dazu sei er gezwungen worden. Außerdem habe er Drohbriefe der Taliban bekommen – das sei auch ein Grund für seine Flucht ins Ausland gewesen. Er könne die Geschichte nicht vergessen und sei schwer traumatisiert.
Im Oktober 2017 wurde der 20-Jährige nach einermesserattacke in einer Integrationsklasse in Liezen wegen Mordversuchs zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt, die er derzeit verbüßt – er wurde zum Prozess aus der Strafhaft vorgeführt. Nun kommen nach Schuldspruch noch 15 Monate als Zusatzstrafe dazu. Der Angeklagte meldet Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.