Cesár startet in sein großes Abenteuer
Ans Scheitern denkt Österreichs Cesár Sampson keine Sekunde. Heute geht es im „Blut- und Todeshalbfinale“um den Finalplatz.
Noch fehlt der Stadt das „Eurovisionsfieber“: Obwohl Portugal zum ersten Mal als Gastgeberland des Song Contests fungiert, ist am Tejo wenig Euphorie zu spüren. Durch diverse Open-air-veranstaltungen im historischen Zentrum sollte sich das noch ändern.
Vorerst aber werden von nicht wenigen der 42 Gastdelegationen seltsame Schikanen und Unflexibilität moniert; etwa, dass Änderungswünsche nach den ersten Proben auf taube Ohren stießen. Südländische Sturheit?
Für Österreichs Starter Cesár Sampson ist das alles kein Problem. Der 34-Jährige wirkt unaufgeregt, in sich ruhend. Und hat noch keinen Gedanken daran verschwendet, wie es mit ihm beruflich weitergeht, falls er schon im heutigen Halbfinale ausscheidet. Im Gespräch mit derkleinen Zeitung versicherte er: „Ich muss dieses Szenario nicht von mir wegschieben, weil es in meinem Kopf noch gar nicht angekommen ist.“Nicht einmal in einsamen Momenten im Hotelzimmer, erzählt der introvertierte Künstler, „habe ich an ein Scheitern gedacht. Vor ein paar Tagen bin ich nach einemversagenstraum aufgewacht. Und musste über mich lachen. Weil dieses Versagen immerhin ein 15. Platz im Finale war.“
Durch seine Art kann Cesár auf manche Medienvertreter freilich unnahbar und abgehoben wirken. „Er erinnert mich an einen hoch fokussierten Spitzensportler, der sich so konzentriert, dass er dabei vergisst, die Mundwinkel ein bisschen nach oben zu ziehen. Er hat nicht d dieses Strahlen wie Zoë oder Nathan Trent, das mag überheblich wirken“, konstatiert Andi Knoll, der zum 18. Mal für den ORF das Wettsingen kommentiert. Knoll will an einen Sieg Israel nicht wirklich glauben und bekennt gleichzeitig: „Ich kann auch keine Alternativen nennen!“Zweifellos ist Favoritin Netta Barzilai aus Tel Aviv der Paradiesvogel des heurigen Jahrgangs. Im Brautkleid hüpfte sie zum Bürgermeisterempfang, denn auch ohne Mann sei es ihr „Happy Day“, wie sie strahlend erklärt. Mit ihrem stilistisch zeitgemäßen Lied, „Toy“, will sie allen Mut machen, nicht nach der Pfeife anderer zu tanzen, sich selbst zu mögen und den Augenblick zu genießen.
Finale oder nicht Finale, das ist also heute die Frage für 19 Länder. „Als Blut- und Todeshalbfinale“wird es hier hinter den Kulissen bezeichnet, da die Konkurrenz viel stärker als im zweiten Semifinale am Donnerstag ist. Der fescheweißrusse Alekseev etwa macht in seiner Inszenierung ein zauberhaftes kleines Shakespeare-drama aus seinem Song, die estnische Sopranistin Elina im 52 Quadratmeter großen Kleid eine schrecklich schlagereske MiniOper à la Königin der Nacht. Und Tscheche Mikolas, der ein Jahr in Wien gelebt hat, eifert Vorbild Justintimberlake nach.
Grundsätzlich soll die Bühnenshow 2018 eine Rückbesinnung auf Song und Stimme sein. Daher gibt es keine überdimensionale Videowand wie in Kopenhagen, Stockholm, Wien oder Kiew. Hauptsächlich unterstützen Lichteffekte die Auftritte. Schon allein dadurch wird sich dieser ESC vom LEDund Technikbombast der Vorjahre unterscheiden. Daumen drücken für unseren coolen Soul-bariton auswien!