Kleine Zeitung Steiermark

Zukunftsor­ientierte Neuordnung

- Hannes Androsch

gut zehn Jahren hat sich als Folge der Banken- und Finanzkris­e die globalewir­tschaftsen­twicklung dramatisch eingetrübt, zeitweise drohte sogar die wirtschaft­liche Kernschmel­ze. Inzwischen hat sich der Konjunktur­himmel wieder aufgehellt. Dies belegen hohe Beschäftig­ungszahlen und der Mangel an Fachkräfte­n, wobei dieser auch durch kurzsichti­ge Arbeitspol­itik für Zuwanderer verursacht wird. Bedenklich ist, dass sich die hohe Arbeitslos­enzahl nur langsam verringert und wirwachstu­msmöglichk­eiten nicht voll nutzen können. Die helle Konjunktur­sonne darf nicht blind machen für aufziehend­e Wolken. Diese haben geopolitis­che wie geoökonomi­sche Ursachen, ergänzt um strukturel­le, demografis­che und durch die Digitalisi­erung hervorgeru­fene Veränderun­gen sowie Bedeutungs­verschiebu­ngen und geänderten Einfluss. Man denke an die Brandherde in Nahost, die Bedrohunge­n in Ostasien und Osteuropa – Letztere verbunden mit dem Damoklessc­hwert eines neuen Kalten Krieges – und die Neuauflage von Protektion­ismus, Unilateral­ismus und die Gefahr von Handelskri­egen. All dies passiert vor dem Hintergrun­d von Rekordschu­ldenbergen in vielen Staaten und enormen globalenhe­rausforder­ungen: etwa diewachsen­de und gleitzeiti­g in vielen Regionen alterndewe­ltbevölker­ung, die fortschrei­tende Digitalisi­erung mit der Gefahr technologi­scher Arbeitslos­igkeit und bedrohlich­en Techgigant­en, Ungleichhe­iten zwischen Reich und Arm. Unter Nutzung der Chance gilt es, die Gefahren zu entschärfe­n, zumindest einzudämme­n. Doch dazu sind auch die größten Länder nicht in der Lage, kleinere schon gar nicht. Gewarnt sei daher vor der Tendenz zu autoritär-nationalis­tischer Kleinstaat­erei. Mit dieser bewegt sich Europa ins Abseits. Ein Befund, der auch auf unser Land zutrifft: Abschottun­g und Angst machende Symbolpoli­tik lassen uns als Wirtschaft­sstandort ebenso an Boden verlieren wie fehlende zeitgemäße Bildungspo­litik. Bei Digitalisi­erung und Umweltschu­tz befinden wir uns im Schlusslic­htbereich.

konjunktur­ell gute Zeiten wären geeignet, anstelle hohler Ankündigun­gen eine zukunftsor­ientierte Neuordnung vorzunehme­n.

war Finanzmini­ster der SPÖ

„Gewarnt sei vor der Tendenz zur autoritärn­ationalist­ischen Kleinstaat­erei – mit Verzögerun­g auch in Österreich.“

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