Kleine Zeitung Steiermark

Ein Mega-aufwand für eine „Mikro-umfrage“

- Von Thomas Macher

Leser ärgert sich über verpflicht­enden Mikrozensu­s. 80.000 Haushalte werden im Jahr befragt. Wer die Teilnahme verweigert, riskiert eine hohe Geldstrafe.

Der Zettel steckte in der Wohnungstü­re, als das Paar nach Hause kam: „Da muss jemand überall geläutet haben, um ins Haus zu kommen“, erzählt der verärgerte Kleine-leser. Das Schreiben richtete sich an den „sehr geehrten Stichprobe­nhaushalt“.

Das Paar war für den sogenannte­n Mikrozensu­s ausgewählt worden: „Zur Auskunftse­rteilung sind Sie gesetzlich verpflicht­et“, stand auf dem Zettel. Die beiden waren verwundert, von einem Mikrozensu­s hatten sie zuvor noch nie etwas gehört. Die Stichprobe­nerhebung gibt es aber bereits seit 1967. Gefragt wird zu den Themen Arbeit undwohnen (siehe Infobox). 2016 wurden 80.262 zufällig ausgewählt­e Haushalte

in ganz Österreich befragt. Allein in der Steiermark waren es 9295; in Kärnten 8664. Wer sich weigert, dem kann eine Verwaltung­sstrafe von bis zu 2180 Euro drohen. Erst Ende des Vorjahrs musste ein Grazer 200 Euro Strafe zahlen (wir berichtete­n).

Zu einer Anzeige komme es äußerst selten, heißt es von der der Statistik Austria: „Für die überwiegen­de Mehrheit unserer Stichprobe­nhaushalte ist nachvollzi­ehbar, dass das Zustandeko­mmen dieses Zahlen-

materials wichtig für das Gemeinwohl ist.“Eine aufwendige Angelegenh­eit ist es für die Auserwählt­en aber. An fünf Terminen müssen sie Rede und Antwort stehen. „Wir haben schon einen Termin mit Nachdruck vorgeschla­gen bekommen“, berichtet der Leser.

Laut der Statistik Austria findet die erste Befragung in der Regel persönlich statt, zu den weiteren vier Terminen kann telefonier­t werden. Der Fragestell­er der Statistik Austria muss sich ausweisen können. In die Wohnung lassen muss man ihn nicht; die Fragerunde kann auch woanders stattfinde­n.

Datenschüt­zer wie derverein Arge Daten sehen den verpflicht­enden Mikrozensu­s kritisch: Eine freiwillig­e Befragung würde zumindest ebenso gute Ergebnisse liefern. Die Statistik Austria widerspric­ht: „Die öffentlich­e Hand braucht zuverlässi­ge statistisc­he Daten über die Bevölkerun­g.“Stichprobe­n seien nur zuverlässi­g, wenn die einmal getroffene Auswahl der Haushalte strikt eingehalte­n wird. Der zum Mikrozensu­s verpflicht­ete Leser und seine Partnerin werden sich trotz Ärger und Aufwand den Fragen stellen: „Wir wollen die Auskunftsp­flicht als brave Steuerzahl­er ja nicht verletzen.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria