Ein Mega-aufwand für eine „Mikro-umfrage“
Leser ärgert sich über verpflichtenden Mikrozensus. 80.000 Haushalte werden im Jahr befragt. Wer die Teilnahme verweigert, riskiert eine hohe Geldstrafe.
Der Zettel steckte in der Wohnungstüre, als das Paar nach Hause kam: „Da muss jemand überall geläutet haben, um ins Haus zu kommen“, erzählt der verärgerte Kleine-leser. Das Schreiben richtete sich an den „sehr geehrten Stichprobenhaushalt“.
Das Paar war für den sogenannten Mikrozensus ausgewählt worden: „Zur Auskunftserteilung sind Sie gesetzlich verpflichtet“, stand auf dem Zettel. Die beiden waren verwundert, von einem Mikrozensus hatten sie zuvor noch nie etwas gehört. Die Stichprobenerhebung gibt es aber bereits seit 1967. Gefragt wird zu den Themen Arbeit undwohnen (siehe Infobox). 2016 wurden 80.262 zufällig ausgewählte Haushalte
in ganz Österreich befragt. Allein in der Steiermark waren es 9295; in Kärnten 8664. Wer sich weigert, dem kann eine Verwaltungsstrafe von bis zu 2180 Euro drohen. Erst Ende des Vorjahrs musste ein Grazer 200 Euro Strafe zahlen (wir berichteten).
Zu einer Anzeige komme es äußerst selten, heißt es von der der Statistik Austria: „Für die überwiegende Mehrheit unserer Stichprobenhaushalte ist nachvollziehbar, dass das Zustandekommen dieses Zahlen-
materials wichtig für das Gemeinwohl ist.“Eine aufwendige Angelegenheit ist es für die Auserwählten aber. An fünf Terminen müssen sie Rede und Antwort stehen. „Wir haben schon einen Termin mit Nachdruck vorgeschlagen bekommen“, berichtet der Leser.
Laut der Statistik Austria findet die erste Befragung in der Regel persönlich statt, zu den weiteren vier Terminen kann telefoniert werden. Der Fragesteller der Statistik Austria muss sich ausweisen können. In die Wohnung lassen muss man ihn nicht; die Fragerunde kann auch woanders stattfinden.
Datenschützer wie derverein Arge Daten sehen den verpflichtenden Mikrozensus kritisch: Eine freiwillige Befragung würde zumindest ebenso gute Ergebnisse liefern. Die Statistik Austria widerspricht: „Die öffentliche Hand braucht zuverlässige statistische Daten über die Bevölkerung.“Stichproben seien nur zuverlässig, wenn die einmal getroffene Auswahl der Haushalte strikt eingehalten wird. Der zum Mikrozensus verpflichtete Leser und seine Partnerin werden sich trotz Ärger und Aufwand den Fragen stellen: „Wir wollen die Auskunftspflicht als brave Steuerzahler ja nicht verletzen.“