Kleine Zeitung Steiermark

Gegen die Wand

- Julius Müller-meiningen

Euro-austritt, Schuldener­lass, explodiere­nde Sozialausg­aben. Die sich anbahnende Koalition rechter und linker Populisten in Rom ist eine Gefahr für Italien und Europa.

Die Telefone in Rom und Mailand klingelten heiß. Internatio­nale Finanzinve­storen und Ratingagen­turen riefen verunsiche­rt in Italien an, um zu erfahren, wie ernst die Neuigkeite­n zu nehmen seien, die aus den Verhandlun­gen über die Bildung einer neuen italienisc­hen Regierung gedrungen waren. In Rom ringen dieser Tage Links- und Rechtspopu­listen in einem letzten Anlauf um einen Koalitions­vertrag, dessen Inhalt weit über Italien hinaus Wirkung entfalten könnte. Italien, die drittgrößt­e Volkswirts­chaft der EU, giltwegen seiner großen Schuldenla­st seit Jahren als Wackelkand­idat. Ein Vertragsen­twurf für die sich anbahnende Koalition zwischen Fünf-sterneBewe­gung und Lega, den die italienisc­he „Huffington Post“am Dienstag veröffentl­ichte, gleicht in den Augen internatio­naler Investoren einem finanzpoli­tischen Horrorszen­ario.

Wie die Verhandler um FünfSterne-chef Luigi Di Maio und Lega-sekretär Matteo Salvini versichert­en, sei das Papier längst überholt. Schockiere­nde Wirkung hatte es dennoch, da in dem Entwurf zu erkennen ist, dass die Verfasser kaum Rücksicht nehmen wollen auf Warnungen ausnewyork oder Brüssel. In dem Papier finden sich Passagen, in denen Italiens Austritt aus dem Euro als realistisc­he Option angeführt wird. Diese Option widerriefe­n Di

Maio und Salvini anschließe­nd explizit. In dem Entwurf hieß es auch, die Europäisch­e Zentralban­k solle aufgeforde­rt werden, italienisc­he Staatsschu­lden in Höhe von 250 Milliarden Euro, also etwa elf Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s, zu tilgen. Einfach so, obwohl Staatsfina­nzierung in der EU verboten ist. Neuverhand­lung der Eu-haushaltsb­eiträge und Erhöhung der Staatsvers­chuldung, auch diese Pläne hegen Italiens Populisten.

sind darüber hinaus nicht nur in der Wirtschaft­sund Finanzpoli­tik, sondern auch in äußeren und inneren Angelegenh­eiten zu erwarten. Sowar in dem Entwurf auch die Rede von der Aufhebung der Sanktionen gegen Russland sowie von der Einführung eines neuen, mit Parteipoli­tikern der beiden Lager bestückten politische­n Entscheidu­ngsgremium­s, das bei aus Rom Uneinigkei­t der Koalitions­partner verbindlic­he Entscheidu­ngen fällen sollte. Kurzum: Niemand müsste sich wundern, wenn das nächste Erdbeben in der westlichen Tektonik demnächst von Rom ausgehen sollte.

Die wirtschaft­lichen Warnsignal­e ließen am Mittwoch nicht lange auf sich warten. In Folge der Veröffentl­ichung des Vertragsen­twurfs stieg der „Spread“auf über 150 Punkte an, der Risikoaufs­chlag für zehnjährig­e italienisc­he Staatsanle­ihen im Vergleich zu deutschen Bundesanle­ihen. Der wichtigste Index der Mailänder Börse verlor in Folge der Koalitions­verhandlun­gen 2,8 Prozent. „Rom öffnet seine Tore den modernen Barbaren“, titelte die „Financial Times“bereits vor Bekanntwer­den des Papiers. Auch wenn einige der Vorhaben aus der angeblich überholten Version des Vertrages noch gestrichen würden – die Pläne einer von Links- und Rechtspopu­listen getragenen Regierung in Italien könnten nach Ansicht vieler Beobachter explosivew­irkung haben.

Der Mailänder „Corriere della Sera“beschrieb die Gespräche der Parteien als „Achterbahn­fahrt“und „Chaos“. Dazu tragen die vielen derzeit in Romzu vernehmend­en Stimmen bei. FünfSterne-gründer Beppe Grillo, der inzwischen als „Garant“seiner Bewegung wirkt und sich aus dem operativen Geschäft zurückgezo­gen hat, sprach sich in

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