„Auch mit der Vielfalt lässt sich klotzen“
Um seine Bestellung gab es einigen Wirbel. Seither werkt Michael Grossmann im Stillen. Seit Jänner ist der einstigegrazerkulturstadtrat der SPÖ Kulturamtsleiter. Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) hatte Grossmanns Bewerbung offen unterstützt; die Umstände dieser Bestellung sorgten bei alten Genossen wie in der Kulturszene für Aufregung. Grossmann ist mittlerweile parteifrei.
War der Schrumpfprozess der Grazer SPÖ Anlass für seinen Wechsel? „Wenn Sie mich damit fragen, ob ich bei den Siegern dabei sein wollte: nein.“Auch sei der Wechsel aus der Politik ins Beamtentum, der Schritt vom Gestalten zum Verwalten, keineswegs ein Rückschritt, sondern „bloß derwechsel von der Strategie- in die Umsetzungsarbeit. Man ist sogar näher an den Künstlerinnen und Künstlern und ihren Projekten.“
Erwolle gestalten, sagt Grossmann. Dasind seine Spielräume allerdings beschränkt. Rund 48 Millionen Euro gibt die Stadt jährlich für Kunst und Kultur aus, der Löwenanteil des Geldes ist fix gebunden. Das Kulturamt fungiert vor allem als Servicestelle für Förderwerber, koordiniert die Fachbeiräte, verwaltet und prüft Subventionen und Abrechnungen.
Aktuell läuft die Einreichphase für die mehrjährigen Förderverträge der Stadt. Ab 2019 hat Kulturstadtrat Günter Riegler (VP) diedevise 3+1 ausgegeben: Kulturveranstalter mit Mehrjahresverträgen können 2020 eine zusätzliche Förderzusage für 2022 beantragen – und sich so im Gemeinderatswahljahr Finanzierungsengpässe durch etwaige Budgetprovisorien ersparen. „Das hilftveranstaltern, die kontinuierlich qualitätsvolle Arbeit leisten“, gibt sich Grossmann überzeugt.
Er gilt als deklarierter Unterstützer der freien Szene. („Wir sind froh, dass wir ihn haben“, ist dort ein mittlerweile erstaunlich oft zu hörender Satz.) „Die Lebendigkeit, Vielfalt und Innovationskraft der Szene“sei für die kulturelle Identität der Stadt sogar „ähnlich prägend wie die elektronische Musik für Linz oder die Festspiele für Salzburg“, findet Grossmann. Noch ein Etikett für eine Stadt, die sich selbst auch schon als Literatur-, Jazz- und Designmetropole gesehen hat? Der Kulturamtsleiter sieht hier gar eine Chance für das Kulturjahr 2020. Befeuert durch zusätzliche Mittel (rund fünf Millionen Euro Programmbudget sind avisiert) „lässt sich gut zeigen, was es an künstlerischer Intelligenz und umgesetzter Kreativität in der
Seine Bestellung sorgte für Aufregung, aber die Szene setzt einige Hoffnungen in Michael Grossmann, den neuen Leiter des Grazer Kulturamts. Etwa in Hinblick auf das Kulturjahr 2020.
Michael Grossmann, neuer Leiter
Stadt gibt“, hofft er. Traditionell dienenkulturjahre gern der Setzung infrastruktureller Denkmäler. „Zu Recht“, sagt Grossmann, „gibt es da die Befürchtung, dass nur in die großen Institutionen investiert wird.“Motto: Man muss bei Großveranstaltungen klotzen. „Aber die Vielfalt klotzt aus meiner Sicht genauso. Darum ist es mir ein persönliches Anliegen, sicherzustellen, dass wir 2020 einaufblühen erleben. Und dass das auch nach 2020 anhält.“
Rieglers kulturpolitischer Schwerpunkt zu Zukunftsfragen könnte dazu beitragen, glaubt er, oder die alte, nie umgesetzte Idee eines Universitätslehrstuhls für bildende Kunst in Graz. Dafür aber bräuchte es Unterstützung von Land und Bund. Vor allem mit Letzterem ist aber kaum zu rechnen – und da geht mit dem Amtsleiter plötzlich der einstige Kulturpolitiker durch: „Man hat wirklich den Eindruck“, sagt Grossmann, „dass, besonders was die Kultur betrifft, in den Bundesregierungen seit Jahrzehnten die Idee herrscht, die Republik Österreich endet an den Stadtgrenzen von Wien.“