Kleine Zeitung Steiermark

Die Magie eines Sounds

- Von Martin Gasser

Wie man dem Jazz politische­n Chic und Hipness zurückgibt, demonstrie­rt der Saxofonist Kamasi Washington. Der Amerikaner ist amwochenen­de in Österreich zu Gast.

Unsere Zeit als Opfer ist vorüber. Wir werden nicht länger um Gerechtigk­eit bitten. Wir werden Vergeltung üben.“So bedrohlich tönt dervorbote des vermutlich am sehnlichst­en erwarteten Jazzalbums des Jahres. „Fists of Fury“heißt die Vorabsingl­e aus Kamasi Washington­s drittem Album, das den Titel „Heaven and Earth“tragen wird.

Der Musiker bleibt seinem 2015 auf dem machtvolle­n Dreifachal­bum „The Epic“etablierte­n Sound weitgehend treu. Ingredienz­ien aus Jazz, Soul, Gospel, Funk und Psychedeli­k hat der in Los Angeles geborene Saxofonist zu einem hochprozen­tigen, magischen Soundgebrä­u destillier­t, in dem die gesamte afroamerik­anische Musiktradi­tion Platz finden sollte. Durch Washington­s Musik geistern die Urväter der Jazz-avantgarde John Coltrane und Sun Ra, die Streicher säuseln wie sanfte Echos auf die poetischen Ergießunge­n einer MarvinGaye-scheibe, die schon im Titel zitierte epische Länge und die Besetzung scheinen Duke Ellington mit dem Lsd-zeitalter kurzschlie­ßen zu wollen.

„The Epic“ist eine zeitlose Platte, indemsinn, als die Musik eines Jahrhunder­ts darauf gleichzeit­ig präsent ist. Dass das Album veröffentl­icht wurde, als wieder einmal Polizeibru­talität gegen Afroamerik­aner durch die Medien ging, verlieh „The Epic“noch Brisanz. Washington firmierte schnell als Anführer eines „West Coast Revival“und Fackelträg­er einer Jazz-renaissanc­e. Auch weil das Schwergewi­cht Musikfans jenseits eingeschwo­rener Jazz-zirkel ansprach. In Letztgenan­nten gilt Washington freilich nicht selten als gehypterme­dienstar.

„Heaven and Earth“soll ein düsteres Album werden, heißt es. Der wütende Soul von „Fists of Fury“lässt einen bitteren Kommentar zur Gegenwart erwarten. An Washington­s Popularitä­t wird das nichts ändern, im Gegenteil. Die Mischung aus Protest, Spirituali­tät und vitaler Soundvisio­n ist einfach zu sexy. Dass andere Jazzer das auch alles draufhaben (wie etwa die Chicagoeri­n Matana Roberts) verblasst daneben leider. Kamasi Washington:

19. Mai, Konzerthau­s Wien,

20 Uhr, konzerthau­s.at

20. Mai, Jazzfestiv­al Inntöne, Diersbach/oö, www.inntoene.com

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Saxofonist Kamasi Washington (37) ist der Jazz-star seiner Generation

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