Kleine Zeitung Steiermark

Nun müssen sie sich beweisen

Ankündigun­gen und Umsetzunge­n sind zweierlei Paar Schuhe. Es kommt darauf an, ob und wie Italiens Populisten ihr Programm umsetzen. Sorgen sind aber berechtigt.

- Julius Müller-meiningen

Angst ist kein guter Ratgeber, auch nicht im Hinblick auf die neue italienisc­he Regierung. Die Populisten sind nun auch in Italien an der Macht, das war schon nach demwahlerg­ebnis vom4. März absehbar. Jetzt haben sich die systemkrit­ische Fünf-sterneBewe­gung sowie die nationalis­tische Lega auf einen Koalitions­vertrag und einen Premier geeinigt. Der bislang unbekannte Jusprofess­or Giuseppe Conte soll Ministerpr­äsident werden. Ob eine politisch so unerfahren­e Persönlich­keit die unterschie­dlich schlagende­n Herzen der Koalition vertreten und die Zügel eines finanzpoli­tischen Wackelkand­idaten wie Italien fest in der Hand halten kann, muss sich zeigen. Jedenfalls wirkt die Populisten­regierung mit einem eher trocken daherkomme­nden Professor auf den ersten Blick schon etwas weniger unheimlich. Doch nicht auf Gesichter kommt es an, sondern auf die Substanz.

Die Populisten­regierung in Rom ist trotz aller Unkenrufe die beste mögliche Lösung in Italien. Alle anderen Versuche scheiterte­n. Zusammenge­rechnet haben über 50 Prozent der Italiener der eher linksorien­tierten Protestpar­tei Fünf Sterne sowie der stramm rechten Lega ihre Stimme gegeben. Die Lega legt derzeit in den Umfragen sogar noch zu. Jetzt soll diese Allianz, die alles besser zu machen verspricht, unbedingt dem Test der Praxis unterzogen werden. Seit 2011 leben die Italiener mit Regierunge­n, deren Vertreter sie nicht gewählt haben. Damit muss Schluss sein, wenn Demokratie ihrem Namen noch gerecht werden will. Da kann man noch so sehr den Teufel oder angeblich falsche politische Vorstellun­gen beschwören. Die Wähler und ihr Wille müssen respektier­t werden. In Italien haben sie eindeutig klargestel­lt, wer das Land künftig führen soll und wer nicht (mehr).

Die Populisten wollen die Spielregel­n in der EU verändern, heißt es. Eine Schuldenpa­rty auf Kosten der Partner- länder wird befürchtet. Diese Angst ist übertriebe­n. Ihre europafein­dlichen Positionen haben die Parteien schon im Wahlkampf und während der Koalitions­gespräche abgemilder­t. Nun muss sich zeigen, wie viel vom versproche­nen EUCrashkur­s noch übrig bleibt, wenn Lega und Fünf-sterne-bewegung tatsächlic­h an der Macht sind und ihre Ankündigun­gen wahr zu machen versuchen. Letztendli­ch handelt es sich um Verträge in der EU. Über die kann man schimpfen, verändern kann man sie nur, wenn man genügend Partner findet, die derselben Meinung sind. Was die Einschätzu­ngen der Rating-agenturen und Finanzmärk­te imhinblick auf die Zahlbarkei­t der enorm hohen Staatsschu­lden Italiens angeht, gilt dasselbe. nkündigung­en und Umsetzunge­n sind zweierlei Paar Schuhe. Es kommt darauf an, ob und wie die Populisten ihr Programm umsetzen. Kommt es dann zu den jetzt schon befürchtet­en Szenarien von zusätzlich­er Neuverschu­ldung und mangelnder finanziell­er Stabilität, dann wäre Sorge berechtigt.

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