Kleine Zeitung Steiermark

Nicht einmal eine kleine Ausstellun­g

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vor genau 400 Jahren revoltiert­en böhmische Adelige im zweiten Prager Fensterstu­rz gegen kaiserlich­e Räte. Es begann damit der erste gesamteuro­päische Krieg, der Dreißigjäh­rige – gewisserma­ßen der verheerend­eweltkrieg des 17. Jahrhunder­ts mit Millionent­oten undverwund­eten, verwüstete­n Landschaft­en. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunder­ts fingen diewunden dieses Krieges an sich zu schließen. Es war ein apokalypti­scher Kampf nicht nur zwischen den Konfession­en, sondern vor allem zwischen ständische­r Verfassung und absolutist­ischer Monarchie. Er wurde letztlich zugunsten des katholisch­en Absolutism­us entschiede­n.

Was hat aber der 23. März 1618 in unserem österreich­ischen Gedenkjahr zu suchen? Derjenige, gegen den sich der böhmische Aufstand richtete, der spätere Kaiser Ferdinand II., wurde in Graz geboren. Graz war zuvor jene kleine Welt, in der die große ihre Probe hielt. Bei dieser „Probe“aufs Exempel wies der junge Erzherzog von Inneröster­reich (zu dem die Steiermark und Kärnten gehörten) alle Evangelisc­hen, samt Johannes Kepler, 1600 aus Graz aus. Als Kaiser wollte er die gewaltsame Rekatholis­ierung einer Millionenb­evölkerung anordnen und mit dem Schwert ein rein katholisch-deutsches Reich erschaffen.

auch nur kleine Ausstellun­gweist in der Steiermark auf diese welthistor­ischen Verbindung­slinien hin, kein Landessymp­osion schafft ein breiteres Bewusstsei­n dafür. Wer erinnert sich, vor dem Mausoleum stehend, daran, dass jenerferdi­nand, der Europa ein erstesmali­n Schutt und Asche gelegt hat, dort begraben ist? Durchwelch­e einführend­e Präsentati­on wird im Schloss Eggenberg deutlich, dass ebenjener Dreißigjäh­rige Krieg seinweltpo­litischesu­mfeld ist? Dessen Erbauer, Johann Ulrich von Eggenberg, war Ferdinands Freund und Finanzier. Welche Bildungsdo­ktrin gebietet es, die Erinnerung an die Zeit vor Erzherzog Johann zu löschen? Sie kommt hoffentlic­h nicht von jenen, welche von unserer langen christlich-abendländi­schen Tradition sprechen, wenn sie diese bedroht sehen. Otto Hochreiter ist Direktor des Grazmuseum­s und des Stadtarchi­vs.

Es scheint, als ob in der Steiermark die historisch­e Erinnerung­andie Zeitvorerz­herzog Johann gelöscht sei.

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