Wie lange will die Politik noch warten
Sollen Ärzte ruhig Alarm schlagen und andere Städte auf die Bremse steigen – in Sachen Feinstaub bleibt in Graz der Autoverkehr unberührt. Warum in allerwelt?
Ein Foto mit zwei lächelnden Politikern und ein Bericht auf der Website der Stadt Graz mit dem Titel „Luftqualität in Graz hat sich verbessert“: Das blieb kürzlich also übrig von der Präsentation einer Studie zur Luftgüte.
Das muss man sich geben: Da untersuchen Experten fast zwei Jahre lang – von der Politik beauftragt – die verhängnisvolle Beziehung zwischen Kraftfahrzeugen und Feinstaub. Da empfehlen sie letztlich die Einführung einer Citymaut oder autofreie Tage als „wertvolle Alternative“. Und Landesrat Anton Lang (SPÖ) sowie Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) sagen trotzdem Nein, weil sie andere Ergebnisse ableiten. Die Folge: Das Auto bleibt unberührt.
Mit Verlaub, hier steige ich auf die Bremse. Warum in aller Welt kommt der Individualverkehr in Graz einmal mehr ungeschoren davon?
Bereits 2011 berichtete die Kleine Zeitung von
Ärzten, die wegen steigender Atemwegser- krankungen Alarm schlagen (siehe links) – und vom „Versagen der Politik“. Und sieben feinstaubbelastete Jahre danach debattieren wir über das richtige Fazit einer Studie?! enn Bürgermeister Nagl betonte, dass der Verkehr mit nur noch vier Prozent eine „untergeordnete Rolle“spiele. Stimmt so nicht, entgegnen Experten: Diese vier Prozent würden sich nur auf den Auspuff beziehen – beim Abrieb und bei Aufwirbelungen gebe das Auto in Sachen Feinstaub immer noch Gas.
Ist das nicht ein fatales Signal, wenn man Schritte gegen Kraft-
Dfahrzeuge nicht aufgrund einer belegbaren Sinnlosigkeit absagt – sondern weil man die von Experten untermauerte Sinnhaftigkeit anders interpretiert? Ja, in Graz ist viel passiert – vomfernwärmeausbau bis zum Autobahn-100er. Ja, gerade Bürgermeister Nagl hat günstigere Öffi-tickets forciert. Ja, auch der Hausbrand muss reduziert werden. Doch: Nein, bis heute hat man in Graz keinen Schritt gegen Autofahrer gesetzt. Stattdessen tüftelt man an einer Parkgarage im Stadtzentrum.
Dabei ist so etwas keineswegs aus der verdreckten Luft gegriffen: Deutsche Städte haben eine Umweltzoneeingeführtundauch die höchstrichterliche Erlaubnis für ein Diesel-fahrverbot bei extremer Belastung erhalten. Und in Paris, London und Madrid ist der innerstädtische
Verkehr drastisch ein-