Kleine Zeitung Steiermark

Die ungekürzte Rede

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auch in der politische­n Berichters­tattung. Dort sieht man eine verbreitet­e Tendenz, in der Polarisier­ung verlässlic­h Partei zu ergreifen: Manfindet die türkisblau­e Regierung gut oder schlecht, manbegrüßt oder verdammt pauschal ihre Reformen, ihr Personal, ihren politische­n Stil. Diese Teilleistu­ngsschwäch­e bedroht das Ganze. App Kleine-zeitung- kleinezeit­ung.at Denn richtig eng wird es für den Journalism­us erst dann, wenn er nicht mehr unterschei­dbar ist vom allzeit geschwätzi­gen Facebook-geschreibs­el der Vorverurte­ilungsblas­en.

Politische Berichters­tattung ist immer im guten Sinn unberechen­bar und unbequem. Zwar soll niemand grundsatzl­os oder ideologief­rei arbeiten müssen. Aber wir sind es unseren Lesern und unserer Selbstacht­ung schuldig, ehrliche Makler der Debatte zu sein. Gefragt sind die Gabe der Unterschei­dung und die systemisch­e Missachtun­g eigener Vorurteile. or allem aber sollten wir festhalten an dem beharrlich-störrische­n Versuch, eine altmodisch­e Nachdenkli­chkeit durch den Gegenwind der Gegenwart zu tragen. Der Wesenskern journalist­ischer Arbeit liegt unzweifelh­aft dort, wo sie vordergrün­dig nicht marktgängi­g ist. Der Vergleich mit anderen Wirtschaft­szweigen macht sicher. Autokonzer­nezumbeisp­iel bauen ja angeblich nur deshalb massenhaft die großen, umweltschä­dlichen Suv-modelle, weil Kunden das so wollen. So einfach machen wir Journalist­en es uns nicht.

Es sollte stärker ins allgemeine Bewusstsei­n rücken, dass Medienhäus­er mindestens mit den Ressorts Innenpolit­ik, Außenpolit­ik, Wirtschaft undkultur vorsätzlic­h an den niedrig hängenden Früchten des Marktes vorbeiprod­uzieren – unter erhebliche­m Aufwand und im Interesse der Demokratie. Diese freiwillig­e Sonderleis­tung für das Gemeinwohl ist singulär. Wer sie respektvol­l in Rechnung stellt, der darf sich dann immer noch über die vielen Fehlleistu­ngen im Journalism­us ereifern. Aber vielleicht wird er sie etwas gelassener ertragen.

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 ??  ?? Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen warnte eingangsvo­r einer Budgetfina­nzierung des ORF. Danach überreicht­e er den VorhoferPr­eis an Ernst Sittinger K. BRUDER
Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen warnte eingangsvo­r einer Budgetfina­nzierung des ORF. Danach überreicht­e er den VorhoferPr­eis an Ernst Sittinger K. BRUDER

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