Stadtchefs seit 45
puppt sich die Frage, ob er zur Austria oder zu Rapid hält. „Weder noch, als Floridsdorfer bin ich natürlich für den FAC.“Der übrigens am vorletzten Platz in der Ersten Liga rangiert. udwig stammt aus einfachsten Verhältnissen aus dem siebenten Bezirk. Seinemutterwar Hilfsarbeiterin in einer kleinen Siphonfabrik. Um finanziell über die Runden zu kommen, mussten auch die Kinder anpacken – am Abend am Küchentisch wurden Siphonkapseln geschraubt. Als Ludwig noch in die Schule ging, erhielt die Familie vom roten Wien eine Gemeindewohnung in Floridsdorf. Auf Sommerfrische fuhr man in die Oststeiermark oder an den Wörthersee – in ein Betriebsheim der SimmeringGraz-pauker.
Ludwig maturierte, studierte, promovierte und diente sich in der SPÖ nach ganz oben. „Ich habe ihn als ruhigen, pragmati-
LBürgermeister seit 1945. Seinevorgängerwarentheodor Körner (bis 1951), Franz Jonas (bis 1965), der zum Bundespräsidentenaufstieg, Brunomarek (bis 1970), Felix Slavik (1973), Leopold Gratz (1984), Helmut Zilk
(1994), Michael Häupl.
schen, freundlichen, eher linken Genossen gelernt“, erzählt ein alter Weggefährte. Ehrgeizig? „So habe ich ihn nicht in Erinnerung, aber da dürfte ich mich getäuscht haben.“Als Faymann in den Bund wechselte, rückte Ludwig als Wohnbaustadtrat nach – und ward fortan dem rechten Flügel zugerechnet. Die SPÖ kennt er wie seinewestentasche. Den Aufstieg aus einfachenverhältnissen an die Spitze schaffte übrigens nicht nur Ludwig. Der Siphonfabrik gelang die Transformation ins 21. Jahrhundert, übersiedelte genauso wie Ludwig nach Floridsdorf und ist heute Weltmarktführer in der Herstellung von Airbags.
Ludwig ist nicht nur ein begnadeternetzwerker undtechniker der Macht, sondern besitzt ein feines Gespür für Stimmungen und Schwingungen, vor allem für tektonische Verschiebungen in den Gemeindebauten und in den Flächenbezirken, wo man tagtäglich mit dem Zuzug von Nichtösterreichern konfrontiert ist – und für Radwege und andere grüne Steckenpferde begrenztes Verständnis aufgebracht wird. Dass Ludwig die gestrige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Bau des Lobautunnels und die damit verbundene Untertunnelung des Naturschutzgebietes (in 60Meter Tiefe) begrüßt, während die Wiener Grünen schäumen, passt genau ins Bild.
Als Wohnbaustadtrat führte Ludwig ein Punktesystem für die Vergabe von Gemeindewohnungen ein, das jene, die seit Langem in Wien leben, gegenüber Zuwanderern bevorzugt. Auch setzte er Hausordnung, Ordnungsdienste und Videoüberwachungen in Gemeindebauten durch. Das jüngste Alkoholverbot am Praterstern trägt ebenso seine Handschrift. Das Bonussystemsoll auf andere Bereiche ausgedehnt werden – als politisches Signal an die „echten Wiener“, die das Gefühl haben, von der Politik zu wenig bis gar nicht ernst genommen zu werden. as den echten Wiener ausmacht?, frage ich ihn bei einem Glas Wasser. Michael Häupl hätte bereits zwei Spritzer bestellt – die Zeiten haben sich gottlob geändert. „Ein echterwiener ist einer, der gerne raunzt, aber trotzdem seine Stadt liebt.“Wien zählt zu den am schnellsten wachsenden Millionenstädten Europas, bald sind die zwei Millionen, die Wien auch um die Jahrhundertwende hatte, wieder erreicht. „Wir müssen darauf achten, dass es keine zwei Geschwindigkeiten gibt, wo ein Teil von der Entwicklung stark profitiert und der andere Teil nicht mitkommt“, betont Ludwig. „Es wird notwendig sein, eine Klammer zu bilden, um zu verhindern, dass es zu Gräben in der Gesellschaft kommt.“
Wie er den Spagat zwischen dem raunzenden Wiener, der jeglicher Veränderung trotzt, und dem Fortschritt schaffen will? „Der echtewiener ist eine Mischung aus Kritik und Bereitschaft zur Veränderung.“Eine einfache Mischung? „Keine einfache Mischung, aber eine sehr liebenswerte.“
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