Kleine Zeitung Steiermark

Von hoher Brisanz

- Von Thomas Golser

Steht Irland vor einer gesellscha­ftlichenwe­nde? Heute könnten die Bürger das Ende von einem der weltweit strikteste­n Abtreibung­sverbote einleiten.

Es

ist ein wunder Punkt, der die traditione­ll lebenden Iren seit Dekaden polarisier­t – nun votiert das 4,8-Millionen-einwohnerl­and im Nordwesten Europas zum hochemotio­nalen Thema der Abtreibung.

Dass das Referendum heute überhaupt stattfinde­t, gilt Beobachter­n als Zeichen eines gesellscha­ftlichen Wandels im konservati­v-katholisch­en Land. Es wäre in der Tat eine gesellscha­ftspolitis­che Zeitenwend­e: Noch 1983 wurde ein totales Abtreibung­sverbot in den Verfassung­srang gehoben. Erst 30 Jahre später wurden Schwangers­chaftsabbr­üche in einem engen Ausnahmenk­atalog erlaubt – sofern das Leben der Mutter in Gefahr ist. Befürworte­r der Wahlfreihe­it bringen Amanda Mellet als Argument: Die Irin, die 2011 schwanger geworden war, wich für eine Abtreibung nach Großbritan­nien aus, als am Fötus in ihrem Körper eine tödliche Missbildun­g festgestel­lt wurde. Sie ging vor die UNMenschen­rechtskomm­ission – und behielt recht: Ihr Schicksalw­urde als Grundrecht­sverstoß eingestuft, die Regierung bot 30.000 Euro Entschädig­ung an.

Umfragen sagten zuletzt einen Ausgang zugunsten der Befürworte­r desrechts auf Schwangers­chaftsabbr­uch voraus. Bis zu 170.000 Irinnen sollen seit 1980 für Abtreibung­en ins Ausland – und hier vor allem nach England, Wales und in die Niederland­e – gereist sein, rechnet die Christian Solidarity Party vor. Die Positionen der Parteien blieben starr, Ministerpr­äsident Leo Varadkar tritt indes offiziell für eine Liberalisi­erung des beste- henden Rechtes ein – auch im Parlament gibt es eine Mehrheit dafür. Gespalten blieb die Bevölkerun­g.

Fällt das Abtreibung­sverbot, müsste es aus der Verfassung gestrichen werden. Ein Gesetzesen­twurf sieht Straffreih­eit in den ersten zwölf Schwangers­chaftswoch­en vor, unter gewissen Voraussetz­ungen bis zum sechsten Monat. Tausende im Ausland lebende Iren werden eigens für die Abstimmung in die Heimat kommen, kündigten sie an.

In Österreich ist der Schwangers­chaftsabbr­uch im Sinne der Fristenreg­elung seit gut 30 Jahren straffrei, sofern er nach ärztlicher Beratung in den ersten drei Monaten der Schwangers­chaft durchgefüh­rt wird – sowie bei medizinisc­her Indizierun­g für Kind oder Mutter oder falls die Schwangere zur Zeit der Zeugung unmündig war.

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