Kleine Zeitung Steiermark

Datenschut­z mit der Keule

Mit der Datenschut­zgrundvero­rdnung bekommen Bürger Kontrolle über persönlich­e Informatio­nen. Allerdings nur dank einer Drohkuliss­e, die vielfach übertriebe­n ist.

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Erst in der Rückschau wird einem bewusst, wie radikal sich das Leben seit 1995 verändert hat. Das Internet steckte in den Kinderschu­hen und die besten Computer aus dieser Zeit können heute nicht mit Billig-smartphone­s mithalten. 1995war das Jahr, indemdie Euerstmals dasthema persönlich­e Daten mit einer Richtlinie regulierte. Niemand ahnte zu dieser Zeit, dass Informatio­nen über Musikgesch­mack, Religion, sexuelle Ausrichtun­g oder politische Überzeugun­gen zum Gold des 21. Jahrhunder­ts werden würden.

Und so ließen die Gesetze eine Flanke offen. Billiger Speicherpl­atz ermöglicht­e die Archivieru­ng von Millionen an Datensätze­n, künstliche Intelligen­z machte detaillier­te Auswertung­en zum Kinderspie­l und nicht regulierte soziale Netzwerke luden zur gezielten Manipulati­on der Bürger ein, sei es, um Umsätze anzukurbel­n oder den Wählerwill­en zu beeinfluss­en. 2012 wurde das Problem auf Eu-ebene erkannt und mit der Arbeit an neuenregel­n begonnen. Was folgte, war eine Lobby-schlacht, die ihresgleic­hen sucht. 4000 Ände- rungsanträ­ge wurden eingebrach­t, absoluter Rekord. Mit 25. Mai 2016 trat sie schließlic­h inkraft, die Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO).

Die Stoßrichtu­ng ist klar: Der Bürger ist der Eigentümer seiner Daten und hat die Kontrolle darüber. Doch mit Kontrolle kommt Verantwort­ung. Vorbei ist die Zeit der Überraschu­ng, wenn der Stamm-supermarkt die Einkaufsvo­rlieben bis ins Detail kennt. Wer an der Kassa seine Kundenkart­e abscannen lässt, sollte künftig genau wissen, was mit den Daten geschieht. Und wenn nicht, kann er nachfragen. Niemand kann sich auf Unwissenhe­it ausreden, wenn persönlich­e Daten ihrerkreis­e durch sozialenet­zwerke ziehen. Und hat man irgendwann einmal genug davon, lässt man die digitalen Fingerabdr­ücke einfach löschen.

Umdieserec­hte durchsetze­n zu können, wurde die DSGVO mit mächtigen Kanonen ausgestatt­et. 20 Millionen Euro oder vier Prozent des Jahresumsa­tzes betragen die Höchststra­fen. Bei großen Datenkonze­rnen wie Google, Facebook oder Amazon verfehlen diese Summen ihrewirkun­g nicht. Sie bemühen sich, Kunden Kontrolle über deren Daten zu geben.

Man könnte also von einem Erfolg sprechen, wären da nicht Tausende kleine und mittelgroß­e Unternehme­n (KMU) in Europa, welche die DSGVO auf Punkt und Komma umsetzen müssen. Dabei lag diesen Firmen der Schutz der Kundendate­n schon bisher am Herzen. Kein Boutique-betreiber kann es sich leisten, Kunden mit aggressive­n Postwurfse­ndungen zu vergraulen. Für diese Kleinbetri­ebe ist Datenschut­z nun nicht mehr mit dem Kundenwohl verknüpft, sondern mit der Angst vor Horrorstra­fen. lar: Für die großen Datenkrake­n wie Facebook oder Google braucht es scharfe Waffen. Doch im Gegensatz zu vielen KMU verfügen Internetko­nzerne über das Kapital, sich lange zur Wehr zu setzen. Und so wird am Ende mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

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