Kleine Zeitung Steiermark

Der Prager Frühling auf Rädern

Im Ostblock bewegte der Tatra 613 die Bonzen – mit Hilfe aus demwesten.

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So

eisern war der Vorhang also doch nicht. Immerhin ging es ja um den Luxus der Gleicheren unter den Gleichen im ehemaligen Ostblock. Der tschechisc­he Traditions­hersteller Tatra bespielte dort damals die automobile Oberklasse und durfte sich Ende der 1960er-jahre für das Design des 613 mit dem italienisc­hen Karosserie­bauer Vignale zusammentu­n. Schließlic­h wollten sich die Bonzen in der neuen Luxuslimou­sine sehen lassen können – Ideologie hin oder her. Doch es sollte nicht nur bei dieser Kollaborat­ion mit dem Westen bleiben – auch ein bisschen Spionage war im Spiel. Chefentwic­kler Milan Galia ließ zu Vergleichs­zwecken einen Glas V8, einen Porsche 911 und ei- nenmercede­s 300 SEL auffahren, um den neuesten Stand der Technik in den Ostblock zu schmuggeln. Dennoch blieb der 613 unter dem Blech tatratypis­ch eigenwilli­g, über der Hinterachs­e arbeitete nämlich ein luftgekühl­ter V8 mit 3,5 Liter Hubraum und vier obenliegen­den Nockenwell­en. 1974 war es dann schließlic­h so weit und die Tschechen schickten ihr Chromjuwel auf Autosalons in Turin, Amsterdam, Brüssel oder Mailand – nur dass man es in den westlichen Ländern nicht kaufen konnte. Und auch hinter dem Eisernen Vorhang blieb die Limousine nur den Bonzen vorbehalte­n. Dennoch hielt sich der 613 bis 1996 – und überlebte damit den ganzen Ostblock. KR

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Kult Kisten In vier Generation­en lief der Tatra 613 von 1974 bis 1996
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Über der Hinterachs­e arbeitete ein luftgekühl­ter V8 TATRA (2)

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