Zum Autor
grausame Projekt bekannt. Wir kennen heute dieabfahrtsdaten der einzelnen Bahntransporte, die Zugnummern und auch die meist in der Größe von rund 1000 Personen liegende Zahl der ausgewählten Opfer, die in regelmäßig abgehenden Transporten auswien (und anderen Städten) in das Vernichtungslager Maly Trostenez gebracht wurden.
Der Transport mit der Zugnummer DA201 verließ den Aspang-bahnhof inwien z. B. am 6. Mai 1942, war fünf Tage unterwegs und transportierte genau 1000 todgeweihte Personen.
Der Transport mit der Zugnummer DA202 verließ Wien genau zweiwochen später (also am 20. Mai 1942) und transportierte 986 Naziopfer in ihr weit entferntes Grab.
Ein weiterer Transport mit der Nummer DA204 wurde wieder einewoche später, am 27. Mai 1942, am Aspang-bahn- hof abgefertigt und hatte 981 „Passagiere“an Bord. s folgten etlicheweitere dieser Transporte und DA230 war – nach dem, was wir heute wissen – der letzte diesertransporteund verließwien am 5. Oktober 1942; er hatte „nur“547 Opfer nach Maly Trostenez transportiert.
Insgesamt wurden dort etwa 10.000österreichischejüdinnen und Juden (größtenteils aus Wien) ermordet und noch viel mehr aus anderenteilen des sogenannten Großdeutschen Reiches.
Dasbedeutet übrigens, dass in Maly Trostenez vermutlich mehrwiener Jüdinnen und Juden ermordet wurden als in Auschwitz oder jedem anderen Konzentrations- oder Vernichtungslager des Dritten Reiches.
Es war vor allem eine evangelische Christin auswien, nämlich Frauwaltraud Barton, die sich als erste Österreicherin in-
Egeb. 1938 in Graz, von 2004 bis 2016 Bundespräsident, zuvor Wissenschaftsminister, Nationalratsabgeordneter der SPÖ sowie Erster und Zweiter Nationalratspräsident.
Bücher: „Erinnerungen in Bildern und Geschichten“, gemeinsam mit Margit Fischer, 2016; „Einewortmeldung“, 2016; „Österreich für Optimisten“, mit Christoph Leitl, 2017.
tensiv für diesen Ort des Schreckens zu interessieren begann.
Sie gründetet im Jahre 2010 den Verein IM-MER, der Aufmerksamkeit für das Vernichtungslager schaffen und das Andenken an die dort Ermordeten vor dem Vergessenwerden bewahren sollte.
Barton veröffentlichte imjahr 2015 ein Buch unter dem Titel „Maly Trostinec – das Totenbuch“. Es enthält eine in mühsamer, jahrelanger Arbeit zusammengestellte Liste der aus Österreich stammenden Ermordeten von Maly Trostenez, mit dem – schon angedeuteten – Ziel, dentoten ihrenamen wiederzugeben.
Dem gleichen Ziel diente und dient auch eine bemerkenswerte Aktion, nämlich an Bäumen rund um den Vernichtungsort die Namen von Ermordeten zu befestigen und dadurch einen „Wald der Erinnerung“zu schaffen.
Der nächste Schritt war eine Entschließung des österreichischen Nationalrats vom 13. Oktober 2016, mit der die österreichische Bundesregierung aufgefordert wurde, die notwendigen Schritte zur Errichtung eines würdigen Denkmals für die aus Österreich stammenden Opfer bei Maly Trostenez zu setzen und auch die Finanzierung dafür sicherzustellen.
Schließlich hat sich die nach der letzten Nationalratswahl neu gebildete Bundesregierung in einem Ministerratsvortrag vom 19. Dezember 2017 zu dieser Zielsetzung bekannt. Auch der Beirat zur Koordinierung der Aktivitäten im Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018 hat sich mehrfach und intensiv mit diesem Projekt befasst und unterstützt die raschestmögliche Umsetzung dieser Ehrenschuld.
Eswurdeschonerwähnt, dass in Maly Trostenez auch zahlreiche Opfer aus anderen Teilen des Herrschaftsbereiches der Nationalsozialisten ermordet wurden, ganz besonders aus dem heutigen Deutschland und der heutigen Tschechischen Republik. as Bestreben, den Opfern dieser Todesfabrik ein Denkmal zu setzen, ist daher nicht nur in Österreich vorhanden, sondern auch weit über die Grenzen Österreichs hinaus und es ist sehr begrüßenswert, dass noch in den nächstenmonaten konkrete Schritte zur Erreichung dieses Zieles erwartet werden dürfen.
Es besteht sowohl in Berlin als auch inwien die Absicht, am Ort des Vernichtungslagers Maly Trostenez Gedenksteine zu errichten. In einem in Arbeit befindlichen Totenbuch sollen die Namen aller Opfer (soweit sie in Erfahrung gebracht werden konnten) schriftlich festgehalten werden. Dieses Projekt findet inweißrussland von allerhöchster Stelle Unterstützung und diese Unterstützung wird in Deutschland und in Österreich an allerhöchster Stelle sehr positiv aufgenommen. Die entsprechende Zeremonie soll noch im Sommer 2018 stattfinden.
76 Jahre nach den in Maly Trostenez im Jahr 1942 von den Nationalsozialistenbegangenen tausendfachenverbrechenwird es möglich, den Ermordeten wieder einen Namen zu geben.
Damit bleiben sie unvergessen und der Plan, sie namenlos auszulöschen und dem Vergessen zu überlassen, wird spät, aber doch durchkreuzt.
D