Nach dem Knall wieder leisere Töne
Nordkorea will weiterverhandeln, Trump reagiert wohlwollend. Und beide Seiten werden aus Wien ermutigt.
Das Scheitern des Nordkorea-gipfels kratzt nicht nur am Ego von Us-präsident Donald Trump, es stellt auch dessen unorthodoxen Politikstil infrage. Denn als „Dealmaker in Chief“hat Trump seine Bewährungsprobe verpatzt: Der mächtigste Politiker der Welt bleibt weiter den Beweis schuldig, dass sein raubauziges Vorgehen eher Erfolge bringt als die klassische Diplomatie.
In das allgemeine Bedauern über den Rückschlag im Atomstreit dürfte sich daher bei etlichen Politikern auch eine gewisse Erleichterung mischen. Die Absage dämpft Befürchtungen, Trumps Umgangston könnte in der Politik Schule machen, wenn sich der Präsident damit erst einmal durchsetze.
„Es wäre ein gigantischer Coup gewesen, wenn der Gipfel zustande gekommen wäre und wesentliche Ergebnisse gebracht hätte“, sagt William Galston von der Washingtoner Denkfabrik Brookings Institution. Stattdessen findet sich Trump nun bis auf Weiteres in der gleichen Lage wie seine Vorgänger wieder, die er immer wieder dafür kritisiert hatte, nicht angemessen gegen die atomare Bedrohung vorgegangen zu sein. Außenpolitisch dürfte der Rückschlag Trump auch mit Blick auf seine harte Politik gegenüber dem Iran schwächen. Innenpolitisch fehlt ihm dadurch ein wichtiger Erfolg, mit dem er die Popularität vor den Kongresswahlen im Herbst hätte steigern können.
gehen aber davon aus, dass es für den Präsidenten schlimmer hätte kommen können – wenn das Treffen stattgefunden, aber keine Fortschritte gebracht hätte. „Einen unergiebigen Gipfel abzusagen ist besser, als einen unergiebigen Gipfel abzuhalten“, sagt der Politikberater Whit Ayres. Kritiker werfen Trump ohnehin vor, naiv an dasthemanordkorea herangegangen zu sein. Indem er sich ohne jede Gegenleistung zum Gipfel bereit erklärt habe, habe er ohnenot ein Druckmittel in den Verhandlungen aus der Hand gegeben.
Für die koreanische Halbinsel bedeutet das zunächst wieder mehr Unsicherheit. Erste Reaktionen deuten aber darauf hin, dass weder Nordkorea noch die USA ein Interesse daran haben, die Kriegsrhetorik der vergangenen Monate wiederaufleben zu lassen. Trotz der abrupten Absage zeigt sich das Regime in Pjöngjang verhandlungsbereit. Die USA sollten wissen, dass sichnordkorea mit ihnen jederzeit zusammensetzen könne, sagte der Erste Vizeaußenminister Kim Kye-gwan. Er warf den Usaaber vor, auf sein Land vor dem Gipfel Druck ausgeübt zu haben, damit es einseitig sein Atomprogramm aufgebe. „Wir haben innerlich gehofft, dass das, was die ,Trump-formel‘ ge- nannt wird, hilft, die Besorgnisse beider Seiten beseitigen zu können“, sagte der langjährige Atomunterhändler.
Trump hat mit demonstrativemwohlwollen auf diese Aussage reagiert. Das Statement aus Pjöngjang sei „warm und produktiv“und eine sehr gute Nachricht, schrieb Trump auf Twitter. Er schließt nicht einmal aus, dass es am12. Juni doch noch zum Gipfeltreffen kommt.
Die Absage war auch Thema in Wien: Sie sei „sehr traurig“, sagte der südkoreanische Premier Lee Nak-yeon nach einem Gespräch mit Kanzler Sebastian Kurz. Seoul werde sich dennoch weiter für Frieden auf der koreanischen Halbinsel einsetzen. Kurz hofft, dass „das Treffen doch noch stattfinden“könne. Lee bekräftigte, die „historische Chance“, die durch das innerkoreanische Treffen und der Panmunjom-erklärung Ende April geschaffen wurde, müsse weiterhin genutzt werden.