Bosnien: Vomvorbild zum Sorgenkind
Verfassungsschutz beobachtet Grazer Gemeinde. Diese weist Vorwürfe scharf zurück.
gilt im deutschsprachigen Raum als eine Hochburg der Islamisten. Das belegen die Verurteilungen von Mirsad O. und anderen Jihadisten und Radikalen am Grazer Straflandesgericht genauso wie zwei Polizeirazzien 2014 und 2017 in Graz, bei denen die Beamten 17 mutmaßliche Jihadisten festnahmen. Darüber hinaus stufen dieverfassungsschützer rund die Hälfte aller 20 muslimischen Gotteshäuser in der Landeshauptstadt als problematisch ein. „Die stehen aufgrund verfassungsfeindlicher Tendenzen unter Beobachtung“, sagt ein Polizeisprecher.
Was aber neu ist: Auch die große Moschee in der Laubgasse, die einzige in der Steiermark mit Minarett und damit besonders symbolträchtig, bereitet der Polizei zunehmend Sorgen. Die Gemeinde gilt als liberal, nun werden der Führungsspitze rund um Mekic enge Kontakte zu Muslimbrüdern, Salafisten undwahhabiten nachgesagt – allesamt (extrem) konservative Lesarten des Islam (siehe Infoboxen).
und Gemeindevorstand Mekic weist diesen Vorwurf „auf das Schärfste“zurück: „Weder der politische Islam noch irgendeine Art von Extremismus haben bei uns Platz.“Wie man es mache, es sei falsch, klagt Mekic: Wenn man offensiv nach außen gehe und den Kontakt auch mit anderen Religionen suche, „wirft man uns vor, wir verstellen uns“. Bliebe man unter sich, hieße es, die verstecken sich. „Unsere Taten sprechen für sich“, sagt er und verweist auf Synagogen-besuche und darauf, dass Imam Fikret Fazlic´ bei einem Adventkon- zert auf den Kasematten am Schloßberg aufgetreten ist.
Verfassungsschützer berichten allerdings von persönlichen Verbindungen von Leuten aus Graz, die bei der „Stiftung Frieden“angestellt sind, zu radikalen Personen in Bosnien als auch in Deutschland. Auch die Formulierung vom „trojanischen Pferd“fällt: Nach außen gebe man sich liberal und pflege den interreligiösen Dialog, hinter den Kulissen werde komplett anders agiert. „Da geht es nicht um Terrorismus, aberumdenversuch, den politischen Islam zu etablieren“, so ein Beobachter.
galt der bosnische Islam lange Zeit als Vorbild für einen „europäischen Islam“. Er wird der liberalsten Ausrichtung innerhalb des sunnitischen Islam zugezählt. Hinzu kommt, dass er eine kirchenähnliche Struktur aufweist – der Großmufti etwa vertritt alle bosnischen Muslime – und deshalb leichter in die europäischen Strukturen integrierbar ist. Doch die Balkankriege in den 1990er-jahren haben vieles verändert: So halfen die Glaubensbrüder vor allem aus Saudi-arabien nicht nur finanziell aus, sondern verbreiteten in Bosnien auch ihre Lesart des Islam – und das bis heute: Der aktuelle Bericht des österreichischen Verfassungsschutzes spricht von „gewalttätigem Extremismus und Islamismus am Westbalkan“. Gründe dafür seien die schlechte wirtschaftliche Situation und soziale Unzufriedenheit sowie die teilweise noch nicht abgeschlossenen Prozesse der Nationalstaatenbildung und die damit verbundene nationale Identitätsbildung.