Die Leiden des Dandys
Oscar Wildes Leben war wie eine Inszenierung. Vom Sprachästheten zum stigmatisierten Dichter.
Seine Freude an der Provokation und sein Spott über Konventionen aller Art waren legendär. Der irische Dichter, der in jungen Jahren als Sprachästhet und Dandy gefeiert wurde, liebte das Leben, alles Schöne, den Genuss.
Irgendwann wendete sich sein unbändiger Lebenshunger ins Dunkle, Depressive, Traurige. Die größte Provokation im viktorianischen Großbritannien – Homosexualität – führte zu seinem Niedergang. Der Lyriker, Dramatiker und Romanautor (u. a. „Das Bildnis des Dorian Gray“, „Lady Windermeres Fächer“, „Salome“) lebte seine Liebe zu Männern erst spät, als 32-Jähriger, mit dem damals 17-jährigen Studenten Robert Ross. Sein Verhältnis zum jüngeren Lord Alfred Douglas („Bosie“) mutierte zum Skandal. Er wurde wegen Unzucht angeklagt, zu Zuchthaus mit Zwangsarbeit verurteilt. Seine Stücke wurden abgesetzt und ein Rede- und Schreibverbot über ihn verhängt. Davon sollte er sich nie mehr erholen. Er starb, verarmt, 46-jährig imexil in Paris.
Schauspieler Rupert Everett (siehe links) setzt Wilde mit dem aktuellen Kinofilm „The Happy Prince“ein spätes, berührendes und bedrückendes Denkmal, eine Artwiedergutmachung. Als Regisseur, Drehbuchautor und in der Hauptrolle erzählt er schonungslos von den letzten Jahren Wildes im Pariser Exil. „Ich sterbe über meine Verhältnisse“, soll der Mann gesagt haben, dessen Leben wie eine Inszenierung wirkte. Erst 2017 rehabilitierte Englands Regierung Wilde im Zuge eines neuen Gesetzes – des „Turing Law“. Oscar Wilde (1854–1900) Julia Schafferhofer