Der große Konflikt der Generationen
NDie 68er-bewegung in Österreich und Deutschland revoltierte vor allem gegen die oft nicht aufgearbeitete Nazi-vergangenheit der Elterngeneration und forderte Offenheit und Ehrlichkeit.
och in der Mitte der Sechzigerjahre, also zwei Jahrzehnte nach der Niederringung des Nationalsozialismus, hatten wir im Gymnasium Lehrer, die sich recht unverhohlen zu den Ansichten der untergegangenen Epoche bekannten. Aber auch zu Hause im Dorf hörten wir nicht nur im Wirtshaus Töne wie: „Das hätte es unterm Hitler nicht geben.“Diese Sprüche richteten sich gegen Jugendliche, die schon einmal Autoritäten oder Hierarchien hinterfragten, die zu laut waren oder deren Haare als zu lang angesehen wurden. Wir wussten auch von einerwohnung, in der noch eine Hitlerbüste stand, und ältere Herren grüßten einander in den alten militärischen Rängen. Der eine oder andere Kriegsverbrecher spazierte unbehelligt durch die Kleinstadt oder saß Zeitung lesend im Kaffeehaus, und daswar kein Geheimnis, sondern ganz normaler Gesprächsstoff unter den Erwachsenen. Dass der Freispruch von Franz Murer 1963 in Graz auf viel Zustimmung und Unterstützung durch die Landespolitik gestoßen war, hat uns in diesen Monaten die filmische Erzählung zum Prozess nochmals verdeutlicht. Das war ein steirisches, aber sicher nicht nur ein steirisches Thema.