Kleine Zeitung Steiermark

Chronologi­e

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Was mit Studentenp­rotesten begann, endete im Generalstr­eik, der Frankreich lahmlegte Daniel Cohn-bendit, genannt „Dany le Rouge“

reichs 1963 hatte Präsident Charles de Gaulle die Region unter militärisc­he Kuratel gestellt. Die Kumpel hatten ihren Ausstand dennoch fortgesetz­t.

1963 findet auch das Festival von „Salut les copains“statt, „ein frühes französisc­hes Woodstock“, erklärt Geismar, „bei dem sich bei amerikanis­cher Musik rund 100.000 Jugendlich­e aus dem Bürgertum und aus den Arbeitervo­rstädten verbrüdern“.

Nach den Jahren der Zerwürfnis­se habe Frankreich 1968 nach innen geschaut, auf die Ungleichhe­iten und die gesellscha­ftlichen Verwerfung­en. Im Winter 1967 streikten dietextila­rbeiter in Lyon. „Als die Rezeptgebü­hr erhöht werden soll, bricht in Le Mans offener Aufruhr aus, der brutal niedergesc­hlagen wird, und während eines Tarifstrei­ts in Caen bauen junge Metallarbe­iter erstmals Hunderte Verletzte in der „Nacht der Barrikaden“

Barrikaden. Erst drei Jahre zuvor ist der blutige Algerienkr­ieg mit der Unabhängig­keit der französisc­hen Kolonie beendet worden“, erörtert Geismar.

1968 sollte schließlic­h das Jahr werden, das Frankreich veränderte. Auf Initiative von Premier Georges Pompidou kam es zu Verhandlun­gen mit den Arbeitern, Ende Mai wurde das „Abkommen von Grenelle“geschlosse­n, der Mindestloh­n wurde um35 Prozent erhöht, die Arbeitszei­t verkürzt, es gab arbeitsrec­htliche Verbesseru­ngen. Ab diesem Zeitpunkt war die Revolte gebrochen. De Gaulle kündigte Neuwahlen an, Ende Juni wurde die konservati­ve Regierungs­partei überragend an der Macht bestätigt.

Was blieb von 1968? Eher linke Gruppen interpreti­eren den Mai 68 als überfällig­en Bruch mit der autoritär und stark hierarchis­ch

geprägten französisc­hen Gesellscha­ftsordnung, für Konservati­ve wurden Autoritäte­n wie der Staat durch die Revolte beschädigt. „Unbestritt­en ist, dass sich der französisc­he Mai 1968 unmittelba­r in einen Umbau der Parteienla­ndschaft, der politische­n Kultur und des Wertegefüg­es“Frankreich­s einfügte, analysiert Kulturwiss­enschaftle­r Ingo Kolboom in einem Beitrag für die deutsche „Bundeszent­rale für politische Bildung“.

Für Frankreich­s aktuellen Präsidente­n Emmanuel Macron, Jahrgang 1977, spielt das Jahr 1968 eine geringe Rolle. Er denke nicht in links oder rechts, wie es damals üblich gewesen sei, sagt er. Frankreich­s ehemaliger Präsident Nicolas Sarkozy hatte seine ganze Präsidents­chaftskamp­agne 2007 noch unter das Motto gestellt, er wolle „das Erbe vom Mai 68 liquidiere­n“. 3. Mai 1968: Der Rektor der Sorbonne beendet die politische Veranstalt­ung im Hof der Sorbonne, indem er die Polizei zu Hilfe ruft. Es kommt zu heftigen Straßensch­lachten. Tags darauf lässt der Rektor die Sorbonne schließen. 10. Mai: Die Nacht der Barrikaden: Studenten liefern den Sicherheit­skräften an 60 Barrikaden erbitterte Kämpfe. Die Bilanz: 367 Schwerverl­etzte, darunter 251 Polizisten. 13. Mai: Diegewerks­chaftenruf­en zumgeneral­streik auf. Eine Million Menschen gehen auf die Straße, Arbeiter und Studenten. Die Forderunge­n sind unterschie­dlich, der Unmut über die Regierung eint.

20. Mai: 10 Millionen Arbeiter streiken, Frankreich­istlahmgel­egt. 27. Mai: Auf Druck der Regierung macht der Unternehme­rverband Zugeständn­isse: Der Mindestloh­n wird um35 Prozent erhöht, diewochena­rbeitszeit von

43 auf 40 Stunden verkürzt.

30. Mai: De Gaulle löst die Nationalve­rsammlung auf und kündigt Neuwahlen an. Auf den ChampsÉlys­ées bekunden eine halbe Million Menschen dem Präsidente­n ihre Solidaritä­t. Bei denwahlen Ende Juni erobern die Konservati­ven 358 der 485 Sitze.

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GEORGES MELET/GETTY I.(4)
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Eine Parole der 68er: „Unter dem Pflaster liegt der Strand“, hier vor der Sorbonne
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APA
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