Ein Rachefeldzug als bunter Comic-strip
fred Ill, der vor Jahrzehnten ihr junges Leben ruinierte.
„Nicht böse, nur schwach“seien die Figuren in „Der Besuch der alten Dame“, merkte Friedrich Dürrenmatt zu seinem berühmten Stück an. Regisseur Frank Hoffmann, der als Intendant der Ruhrfestspiele Recklinghausen diese Inszenierung mit dem Burgtheater auch koproduziert hat, sieht das nicht ganz so milde. Er zeigt, dass sich Claire Zachanassians Rachefeldzug nicht nur gegen den untreuen ExPartner richtet: Mit ihrem unmoralischen Angebot bestraft sie den ganzen Ort, indem sie seinen Bürgern deren eigene Verkommenheit vor Augen führt. Denn wird ihr Vorschlag erst voll Entrüstung abgeschmettert („Das ist hier immer noch Europa!“), beginnt plötz- www.burgtheater.at
Regie: Frank Hoffmann. Mit: Maria Happel, Burghart Klaußner u. a.
Bewertung:
lich alles wie wild auf Pump einzukaufen und die anfängliche Solidarität mit dem Mitbürger dreht sich involkszorn über den „Verleumder“der Milliardärin. Dabei erspart sich Hoffmann aufgelegteaussagen etwa zum aktuellen Status sozialer Verbindlichkeiten oder populistischer Manipulation. Er zeigt die Entwicklung im Dorf als bunten Comic-strip über- zeichnetertypen (Rolandkoch holt sich als babbelnder Bürgermeister, Daniel Jesch als geckenhafter Polizeiathlet Szenenapplaus ab), schriller Sound-gags und prächtiger Bilder (Bühne: Benwillikens). Vor so viel letztlich harmlosem Effektreichtum wirkt das zurückhaltende Spiel des großen Burghart Klaußner fast deplatziert; sein Ill zieht sich inwachsender Panik wie in sich selbst zurück.
Das lässt viel Raum für Maria Happel, die hinterm Businessgehabe der kühlen Rächerin lebenslänglichen Schmerz durchschimmern lässt: Am Schluss wird Claire Zachanassian den Sarg, in dem der tote Liebhaber liegt, mit sich nehmen. Sie hat ihm incapri ein Mausoleum gebaut, damit er immer bei ihr bleibt. Das reicht für freundlichen Applaus.