Die Sonne soll Graz unter Strom setzen
Neues Gesetz macht Fotovoltaik auf Mehrparteienhäusern attraktiv. Energie Graz sieht großes Potenzial und setzt erste Projekte um.
Mit Superlativen hält sich Boris Papousek in diesem Fall nicht zurück. Von einer „Revolution in der Energiewende“spricht der Geschäftsführer der Energie Graz, wenn esum die künftige Sonnenstromerzeugung auf Hochhäusern geht. Grund für die Euphorie ist eine Gesetzesänderung aus dem Vorjahr, die es erstmals ermöglicht, dassbewohner von Mehrparteienhäusern die Energie aus gemeinschaftlichen Fotovoltaikanlagen direkt nutzen (wir berichteten).
Bisher konnten Sonnenstromanlagen auf Hochhausdächern nur für die reine Einspeisung ins Stromnetz gebaut werden. Entsprechend dünn gesät sind derartige, wirtschaftlich nur mäßig interessante Systeme bislang. Die Direktnutzung ändert diesbezüglich viel. „Wird der Stromdirekt im Gebäude verteilt, entfallen für die Verbraucher die Netzgebühren und auch Steuern und Abgaben. Für uns als Anbieter eröffnet diese Attraktivität ganz neue Möglichkeiten“, sagt Papousek. Vor allem im Neubau erwartet man bei der Energie Graz, dass die Fotovoltaikanlagen künftig zum technischen Standard bei Mehrparteienhäusern gehören werden. Doch auch bestehende Häuser können vereinzelt – je nach den Gegebenheiten – nachgerüstet werden.
Zwei derartige Pilotprojekte hat die Energie Graz bereits unter der eigens entwickelten Marke „Unser Eigenstrom“umgesetzt. Aufdemdach des Geidorf-centers in der Scheidtenbergergasse versorgt seit heuer die hauseigene Fotovoltaikanlage acht Wohnungen direkt mit Strom. Und in der Dreihackengasse beliefert eine neue Sonnenstromanlage sechswohneinheiten eines Hauses. Betrieben werden die Anlagen von der Energie Graz selbst, die Kilowattstunde aus den Sonnenkraftwerken gibt’s für die Bewohner – je nach Projekt – um ein bis zwei Cent günstiger. „Das ist keine Welt, aber immerhin: Ich habe als Bewohner keine Investitionskosten und keinerlei Risiko“, erläutert Vertriebsleiter Stefan Altenhofer. Eigene kleine Speicher sollen den Eigennutzungsgrad zusätzlich erhöhen.
In der Stadt erwartet die Energie Graz für die nächsten Jahre ein Potenzial von „mehreren Hundert“derartigen Anlagen. Der Strom, der von den Nutzern nicht direkt verbraucht wird, fließt ins öffentliche Netz. „Je smarter die Haushalte mit ihren Verbrauchern werden, desto höher wird auch der Eigennutzungsgrad des erzeugten Stroms“, sagt Papousek. Die beiden Pilotanlagen liefern bislang knapp drei von zehn erzeugten Kilowattstunden direkt an die Bewohner.