Kleine Zeitung Steiermark

Die innere Korrosion der europäisch­en Idee

Die EU kommt kaum nach, auf die drohenden Szenarien von außen zu reagieren. Doch weit dramatisch­er ist die Stimmung in den eigenen Reihen. Ein Riss geht durch die Mitgliedsl­änder.

- Der Abgang

Es sind nicht nur die Rechtspopu­listen, die am europäisch­en Ast sägen, auf dem sie selbst (noch) sitzen; bestes Beispiel ist Italien, wo eine außergewöh­nliche Allianz aus rechter Lega und linker Fünf-sterne-bewegung die Regierungs­arbeit übernahm, deren gemeinsame­r Gegner die EU ist – oder das, was sie dafür halten.

Wer gedacht hatte, nach dem Brexit-schock würde in den Mitgliedsl­ändern die Affinität zur Union wieder wachsen, hat sich getäuscht. Ein Jahr ist es noch bis zu den Europawahl­en und die EU sieht sich auf allen Seiten mit wachsenden Schwierigk­eiten konfrontie­rt – innen wie außen. Monatelang trieb Donald Trump mit seinen Zöllen die Europäer vor sich her, bis er sie doch einführte und die Altewelt zu Gegenmaßna­hmen zwang, die keiner will. Umrussland und China das Feld nicht zu überlassen, sucht man sein Handelshei­l in allerwelt, Japan, Singapur, Australien, Mercosur – selbst auf die Gefahr hin, dass die Euphorie ernst zu nehmende Bedenken ansässiger Produzente­n (Stichwort Fleischimp­orte aus Südamerika) überlagert.

der Briten hinterläss­t ein klaffendes Loch im Budget, das durch Grenzschut­zmaßnahmen und die Kosten für die Flüchtling­sströme noch größer wird; also sollen die Mitgliedsl­änder mehr zahlen und für einige Bereiche wie Landwirtsc­haft und regionale Entwicklun­g weniger bekommen, was nicht nur in Österreich auf Widerstand stößt. Undwenn es ums Geld geht, geht es auch um das Gefälle zwischen Arm und Reich, zwischenwe­st und Südost. Italien, immerhin drittstärk­ster Wirtschaft­sraum und nach dem Exodus der Briten ei- gentlich auf dem Weg zu den „großen drei“, hat sich in der Flüchtling­skrise allein zurückgela­ssen gefühlt, die Wähler präsentier­ten die Rechnung.

Mehr Subsidiari­tät ist ein Schlagwort, Renational­isierung ein anderes – auch in den Ländern im Norden sind die kritischen Stimmen noch da. Dazu kommt, dass Mitgliedsl­änder wie Polen oder Ungarn, aber auch Malta oder die Slowakei über die Rechtsstaa­tlichkeit stolpern, Brüssel sich aber durch das Einstimmig­keitsprinz­ip selbst die Hände gebunden hat. Über den Finanzrahm­en soll das korrigiert werden, auch die Flüchtling­sverteilun­g will man neu aufsetzen und an Finanzspri­tzen knüpfen: was die Eu-gegner nur noch stärker befeuert.

ITALIEN

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria