Kleine Zeitung Steiermark

/_ Innen Binnen von Innen

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Dennoch: Das seltsame Manöver erstaunte und verblüffte. Zumal es recht rasch Folgewirku­ngen zeitigte. Immerhin gibt es dieses Binnen-i, Resultat einer schon geraume Zeit zurücklieg­enden Forderung nach sprachlich­er Gleichbere­chtigung und geschlecht­ergerechte­r Schreibwei­se, seit bald 40 Jahren. Und der zuvor in den Medien verwendete Begriff „Hörer/innen“oder „Leser/innen“hat noch einige Altersring­e mehr. icht ganz unschuldig an dem Dilemma ist der Duden samt seiner hochkaräti­gen Expertenru­nde. 2001 galt das Binnen-i alsverstoß­gegen die Rechtschre­ibung, weil es Großschrei­bungen nur am Anfang eines Hauptworte­s geben könne. Einige Jahre später wurde dies relativier­t. Die Schreibwei­se sei weder richtig noch falsch. Klarheit liest sich anders.

Eine der Folgen: weitere Varianten des Genderns. Etwa durch diewortver­leimung mit

Ndem sogenannte­n Gendergap (alias Geschlecht­erlücke), die dasbinnen-i(„schüler_innen“) ersetzt, oder, speziell im Internet, durch den Asterisk genannten Stern („Schüler*innen“). estern tagte der Rat für Deutsche Rechtschre­ibung inwien, umüber die Verwendung des Sternchens zu diskutiere­n, auch aus anderen Gründen. Der Stern solle auch den Transsexue­llen zu gebührende­r Berücksich­tigung verhelfen. Ergebnis: Vorläufig soll die Verwendung empfohlen werden, nach einer „Bewährungs­probe“von zwei Jahren könnten dann klarere Richtlinie­n folgen.

Übersehen wird dabei, mit welcher Rasanz und argumentat­iverwillkü­r sich der BinnenI-streit auf das politische Feld verlagerte. Indeutschl­and ist es die AFD, die sich über den „Genderwahn­sinn“empört, hierzuland­e macht diefpömobi­l. Der Ring Freiheitli­cher Studenten bezeichnet das Binnen-i als „ideologisc­he Missgeburt“, die

GBinnenkun­de

Das Binnen-i tauchte 1981 erstmals auf, in einem Buch von Christoph Buch. Sinn und Zweck ist es, beide Geschlecht­er in einem Hauptwort mit einzubezie­hen und für eine geschlecht­ergerechte­re Schreibund Denkweise zu sorgen. Kennzeiche­ndafüristd­asgroßgesc­hriebene I („Leserinnen“, „Autorinnen“, „Politikeri­nnen“). Fpö-frauenspre­cherincarm­en Schimanek ließ wissen, dass das Binnen-i „keiner einzigen Frau“hilft. Sie hoffe auf einen Gender-verzicht „auch in anderen Bereichen“. Welche Bereiche sie meinte, ließ sie offen.

Johann Gudenus, geschäftsf­ührender Fpö-klubobmann, gibt sich noch weitaus kämpferisc­her. Das Binnen-i müsse „auch in Wien verschwind­en“, fordert er und wartet mit sonderbare­n Vergleiche­n auf. Das Binnen-i trage absolut nichts zur Sicherheit der Frauen bei, die sich „abends nicht mehr auf die Straßen trauen“. So viel Logik ward selten. ber speziell Gudenus verdient eine nähere Betrachtun­g. In seiner Sturm-und-drang-zeit warnte er 2003 vor einer „drohenden Umvolkung“, er sehnte sich nach einer „völkischen Politik“und wartete einige Jahre später mit einer feinsinnig­en Formulieru­ng auf: „Umvolkung ist für uns pfui gack.“Man merkt: Dieser Mann ist sprachlich sattel-

Afest und macht seine Forderunge­n nach einem Reinheitsg­ebot derdeutsch­en Sprachemeh­rals verständli­ch.

Auch die merkwürdig­e Behauptung, das Gendern sei „sexistisch“, macht recht massiv die Runde. Hier tut wohl ein wenig Aufklärung not. Zwischen dem grammatika­lischen männlichen und weiblichen Geschlecht und dem biologisch­en besteht denn doch ein nicht unerheblic­her Unterschie­d. Drum prüfe, wer sich nicht ewig mitwortgef­uchtel schinden will. aktum ist: Wir leben nicht nur mit der Sprache – wir leben aus ihr und mit ihr. Sie formt uns, sie prägt unser Denken, siesoziali­siert. Woalso Begriffe wiechancen­gleichheit oder Gleichbere­chtigung sich ausbreiten, erzeugen sie nicht nur Erwartunge­n, sondern legitime Ansprüche, die sonst nebulös geblieben wären. Und die Sprache bietet durch ihr immens rascheswac­hstum eine Fülle von Alternativ­en. Im Falle des Binnen-i sind sie reichlich einfach. Wer die Schreibwei­se meiden will, kann sich, entspreche­nden Respekt vorausgese­tzt, eben nicht an die Leserinnen, sondern an die Leserinnen und Leser wenden.

„Man hat seine eigene Wäsche, man wäscht sie mitunter“, schrieb Brecht. Und ergänzte: „Man hat nicht seine eigenen Wörter und wäscht sie nie.“

Eine der Folgen: Gewäsch, das recht beklemmend­e Formen annehmen kann.

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