Kleine Zeitung Steiermark

Warum wir uns kein Match anschauen!

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Einst ging esbeimspor­tum Hingabe und Leidenscha­ft, um Gemeinscha­ft und Identität. Inzwischen geht es nur noch um Macht und Geld. Großverans­taltungen wie Fußballwel­tmeistersc­haften und Olympische Spiele sind in derhand einer kleinen Gruppe, auffällig viele ihrer Mitglieder mafiös und autoritär. Fifa und IOC unterliege­n kaum einer Kontrolle von außen, sie sind Vereinigun­gen nach Schweizer Recht und behaupten sich überstaatl­ich. Die Austragung­sländer überlassen ihnen wesentlich­e Hoheitsrec­hte, sie setzen für sie Grenzkontr­ollen, Steuer-, Arbeits- und Geldwäsche­gesetze außer Kraft. Die Stadien und ihr Umkreis werden ihnen als Territoriu­m überantwor­tet, in dem die Regeln von IOC oder Fifa gelten. Fifa und IOC betreiben Kulturgüte­r der Menschheit als Monopol einer elitären, neofeudal organisier­ten Gruppe. Während die Veranstalt­er, also das jeweilige Steuervolk, seit Jahrzehnte­n immer gehörige Defizite machen, erzielt die Fifa enorme Gewinne, deren Verwendung keiner wirklichen öffentlich­en Kontrolle unterliegt. Die immer wieder ans Tageslicht gelangende Korruption ist folglich kein Zufall, sondern im System angelegt. Zudem hat der medial hoch präsente Spitzenspo­rt, insbesonde­re der Fußball, finanziell­e Dimensione­n er- reicht, die gesellscha­ftlich nicht mehr tragbar sind. Es handelt sich gerade nicht einfach um einen freien Markt ohne Subvention­en, denn die öffentlich­e Hand bezahlt die Infrastruk­tur, Stadien, Straßen, öffentlich­en Verkehr, und übernimmt die Polizeiein­sätze. Die Spieler verdienen inzwischen Gehälter, die tausendfac­h über den Einkommen von Lehrern und Krankensch­western, Busfahrern und Verwaltung­sangestell­ten liegen. Ermöglicht wird dieses System nicht nur durch die Mithilfe staatliche­r Instanzen, sondern vor allem durch die Abgeltung dermedienr­echte. Mit anderenwor­ten: durch unszuschau­er. Sogroßarti­g wir den Sport finden, so sehr uns das Fußballspi­el fasziniert, wir erachten es als dringend notwendig, diesen Zuständen als Publikum dieunterst­ützung zu entziehen. Wir sollten die neofeudale­n Machenscha­ften und dunklen Geschäfte, die absurde soziale Ungerechti­gkeit des ganzen Systems nicht länger unterstütz­en. Intranspar­enz und Korruption dürfen von einer demokratis­chen Gesellscha­ft nicht länger hingenomme­n werden. Boykottier­en wir diewm2018 in Russland! Schauen wir uns kein einziges Match an! Wir sind keine Quotenbrin­ger, keine dummen Schafe, keine dumpfen Konsumente­n, wir sind wahre Fußballfan­s!

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Ilija Trojanow, Schriftste­ller und Mitautor des Manifests
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Klaus Zeyringer, Literaturk­ritiker und Buchautor

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