Partei der Angsthasen
Die CSU will Merkel zwingen, sich ihr zu unterwerfen, selbst wenn die Regierung dabei zu Fall kommt. Die CSU willimherbst mit einer Trophäe in die Landtagswahl in Bayern ziehen.
Wenn man das aktuelle CDU-CSU-DRAMA irgendwann einmal vertont, wird man vor allem zwei Geräusche brauchen: Zähneklappern und panische Schreie, bayerisch angehaucht. Die sogenannten Schwesternparteien liegen sich wieder wegen der Flüchtlingskrise in den Haaren.
Es ist ein erbitterter Streit mit ungewissem Ausgang. Es kann das Ende der Kanzlerschaft Angela Merkels bedeuten. Die Regierung könnte kippen. Es wäre ein historisches Scheitern: Die Union würde ihre eigene Regierung stürzen. Und es wäre noch viel mehr, nämlich ein fatales Signal: Die größte Volkswirtschaft Europas, wirtschaftlich stark und politisch international immer mehr in einer Führungsrolle, wäre plötzlich ein Hort politischer Instabilität.
Es wäre ein sehr hoher Preis für einen Streit, in dem es vor allem um zwei Dinge geht: um Wahlkampf und Rache. Denn dieauseinandersetzungumdas Thema „Grenzschließung“ist nur vordergründig. Schließlich gibt es keine Kompromissbereitschaft der CSU, die Merkel nicht einmal zwei zusätzliche Wochen einräumen will. Und mitten in einer großen Krise der EU blendet sie die europäische Komponente einfach aus. Stattdessen beharrt diecsudarauf, ihre Position zu 100 Prozent umzusetzen, und ist damit verhandlungsunfähig.
Die Begründung ist einfach: Die CSU schlottert vor Angst, das Zähneklappern ist ohrenbetäubend. Die Umfragen deuten seit Monaten darauf hin, dass sie bei der Landtagswahl in Bayern im Oktober die absolute Mehrheit verliert. Zum zweiten Mal binnen zehn Jahren wäre damit dernimbus als unbesiegbare Kraft dahin, es wäre dann kein Ausrutscher mehr. Und weil die CSU ihre Alleinregierung nicht nur seit Jahrzehnten gewohnt ist, sondern sie auch als zentrale Existenzberechtigung betrachtet, sieht sie sich also angesichts einer eigentlich demokratischen Selbstverständlichkeit vor einem Abgrund, der Status als normale Partei mit Zwang zu Kompromissen und Koalitionen wird gleichgesetzt mit dem Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit. Das Führungspersonal von Markus Söder bis Alexander Dobrindt hat auf Panikmodus geschaltet, auf Schreien und Um-sich-schlagen.
Es lässt sich sogar hören: Wenn der neue Ministerpräsident Söder, dessen Karriere auf ein Fiasko zusteuert, von einem „Endspiel“spricht, kann man ihn durchaus beim Wort nehmen. Es geht beileibe nicht um Deutschland, sondern um die sehr viel kleineren Einheiten: um die CSU und letztlich auch um sich selbst. Mit Dobrindts bebendem Hinweis, man befinde sich in einer „historischen Lage“, verhält es sich ähnlich. orst Seehofer zieht mit, er hat ja auch noch eine Rechnung offen mit Angela Merkel aus dem letzten Flüchtlingsstreit, in dem sie es wagte, ihm einfach nicht recht zu geben. Die CSU spielt mit der Option des Bruchs. SöderSeehofer-dobrindtwollenmerkel zwingen, sich ihnen zu unterwerfen. Sie wollen mit einer Trophäe in die Landtagswahl ziehen.
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