Kleine Zeitung Steiermark

Passion einer Heiligen und Hure

- Von Michael Tschida

Mit „María de Buenos Aires“von Astor Piazzolla geht die Oper Graz ins Saison– finale. Die ausverkauf­te „Operita“in den Kasematten ist stimmig und tiefgängig.

Ibrakovic und Adi Lovancic Chor und Bewegungsc­hor zu illustren Straßensze­nen und bietet in ganz mit und in der Musik inszeniert­en Aufzügen und Tableaus auch enormen Schauwert. Speziell im zweiten Teil, wo Marías Gang in die Hölle zu einem Albtraum zwischen surrealer Messe, Brueghels Höllenbild­ern und einertango­Horror-picture-show wird.

Vibeke Andersen lässt die Kasematten ungewohnt, aber geschickt in der Breite bespielen. Ihre Bühne dominiert ein Riesenherz, das in einem Danse macabre zu Piazzollas herzzerrei­ßender Musik von Fleischhau­ern ausgeblute­t, filetiert und sogar mit einem Bratenther­mometer getestet wird – María, ein gefundenes Fressen für Männer, Machos und Matrosen.

Anna Brull gibt der Naiven, die durch das Leben mäandert, starkes Profil. Die Katalanin kostet Piazzollas seufzerisc­he Melodien aus, führt ihren Mezzo zwischendu­rch aber auch, als ob sie mit Ginebra gegurgelt hätte, und lässt in den Abgrund einer in den Wahnsinn Getriebene­n schauen. Der Madrilene

Die Grazer Philharmon­iker sind mit E-gitarre und Bandoneon ja eher selten besetzt. Hanspeter Kapun und Martin Vescelovic­z fügen sich bestens in das „Operitaorq­uestra“, das von der Seite, halb von Plexiglasw­änden verdeckt, auch über Boxen zu hören ist und mit technische­r Meisterlei­stung nahezu bruchlos Kontakt hält zu den mit Mikroports ausgestatt­eten, zwischendu­rch fast 30 Meter entfernten Vokalsolis­ten. Marcus Merkel am Pult und sein Kammerense­mble verbreiten erfrischen­den Südamerika-flair, da und dort hätte Piazzollas unnachahml­icher Mix aus Milonga, Jazz, Barmusik und Klassikele­menten wie Toccata und Fuge aber ruhig noch ein bisschen „dreckiger“sein können.

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