„Ich diene der Sache, und die heißt Wien“
Von der Intendantin zur Kulturpolitikerin: Veronica Kaup-hasler, neue Stadträtin in Wien, über Pläne, Profile und Parteilosigkeit.
BVERONICA KAUP-HASLER: ... Das hab ich nicht!
... was hat für Sie früher, als Intendantin des steirischen herbsts, gute Kulturpolitik ausgemacht?
Gute Kulturpolitik ist für mich das Schaffen von Räumen. Sie ist unideologisch, in dem Sinne, dass sie nicht die eigeneagenda zum Maßstab des Tuns macht, sondern der Kunst beste Bedingungen ermöglicht und natürlich entscheidet – da Ressourcen immer auch limitiert sind. Sie hält sich zurück, bleibt aber verlässlicher Partner. Letztendlich dient sie derkunst unddem Publikum und versucht, diese Verbindung zu stärken. Insofern hat der Job sehr viel mit jenem der Festivalintendantin zu tun. Ich habe mich immer als Ermöglicherin empfunden.
Hatten Sie Bedenken? Immerhin ist es ein Job auf dem politischen Parkett und Sie sind kein Spö-parteimitglied.
Ich habe nicht vor einzutreten. Michael Ludwig und die SPÖ haben mich wegen meiner Expertise eingeladen, weil sie mit einer unabhängigen Expertin zusammenarbeiten wollen. Sie wollten eine Quereinsteigerin aus dem kulturellen Feld. Ich diene der Sache, und die heißt Wien. Natürlich diene ich, wenn ich meine Arbeit gut mache, auch dieser Partei. Aber mit meiner Unabhängigkeit. Das war mein Wunsch, und bisher gab es keine Anzeichen, diese Unabhängigkeit in irgendeiner Form auch nur anzuzweifeln.
Wie lautet Ihre erste Diagnose zur Kulturstadt Wien?
Dieser Stadt geht es enorm gut und sie hat sich unglaublich entwickelt, ist in den letzten 20 Jahren offen und kosmopolitisch geworden. Ich würde Wien gerne weiter in die Zukunft führen und dafür Sorge tragen, dass die kulturelle Produktion weiter blühen kann – nicht nur die Reproduktion beziehungsweise die Musealisierung. Es geht nun darum, die Lorbeerkränze, die mich natürlich gefreut haben, schnell vom Kopf zu stoßen. Das viele Laub verdeckt einem die Sicht. Ich brauche gerade jetzt einen freien Blick und eine freie Festplatte.
Wo sehen Sie denn Handlungsbedarf?
Bei der Funktionssanierung des Volkstheaters. Die Stadt hat mit den zwölf Millionen Euro alles geleistet, was sie versprochen hat. Es braucht eine Rückbesinnung des Bundes auf das Versprechen, das damals die Minister Schelling und Drozda verbrieft haben. Wir brauchen eine schnelle Zustimmung. Das ist Voraussetzung dafür, dass sich das Volkstheater neu erfindet.
Warum muss sich das Volkstheater neu erfinden?
Man kann nicht drei ähnliche Restaurants nebeneinander haben, die würden eingehen. Man muss darüber nachdenken: Was sind die unterschiedlichen Profile der Wiener Theater? Wo sind sie stark? Wo müssen sie gestärktwerden? Das Burgtheater ist in Veränderung, mit Martin Kusˇej wird es ein neues Kapitel geben. Herbert Föttinger hat der Josefstadt ein Profil gegeben, das hat seinen Platz gefunden und läuft sehr gut. Welche Funktion hat also einvolkstheater in diesem Reigen? Das ist ein komplexes Thema, und ich denke, da ist man gut beraten, wenn man das nicht alleine löst, sondern mit möglichst vielen Denkerinnen und Denkern gemeinsam.
Der Vertrag von Anna Badora wurde noch nicht verlängert?
Das stimmt, da gibt es derzeit intensive Gespräche. Das ist eine Entscheidung, die sehr bald getroffen wird.