Kleine Zeitung Steiermark

Die Absolute

- Von Martin Gasser

Sie war das größte Ereignis der Opernbühne des 20. Jahrhunder­ts. Das Leben von Maria Callas war nicht weniger dramatisch. In einem Film gibt sie Selbstausk­unft.

Pummelig, unansehnli­ch, das Gesicht hinter dicken Brillenglä­sern versteckt. Schwarze Haare auf den Beinen.“Die Beschreibu­ngen der jungen Maria Callas sind nicht schmeichel­haft – vor allem, wenn man bedenkt, dass sie von großen Verehrern ihrer Kunst stammen. Doch das ungelenke Mädchen aus Athen hatte extrem ehrgeizige Ziele. Mit Feuereifer warf sie sich in ihr Gesangsstu­dium und erschuf sich selbst neu. Ihre Stimme, ein eigentlich unschöner Sopran mit individuel­lem Klang und Färbung, verwandelt­e sie zu einem virtuosen Instrument. Später unterwarf sie auch ihren Körper ihrem eisernen Willen. 1954, mit 31 Jahren, unterzog sie sich einer radikalen Fastenkur, hungerte sich gertenschl­ank.

Einweltsta­r war sie da schon längst, ihren endgültige­n Durchbruch als Opern-primadonna ihrer Zeit hatte sie 1951 mit einerverdi-rolle in Florenz gefeiert. Doch einer Callas genügte der Ruhm als absolut Größte einfach nicht. Sie wollte auch ihr Äußeres nach ihren Vorstellun­gen verändern.

Hinter ihrem manischen Ehrgeiz und ihrer maßlosen Selbstbezo­genheit stand ein Minderwert­igkeitskom­plex. Von der Mutter fühlte sie sich benachteil­igt und ungeliebt. Zeit ihres Lebens versuchte sie, diesen Komplex zu kompensier­en – mit dem Resultat, dass ihre Beziehunge­n zu Männern bestenfall­s schillernd waren: Vaterfigur­en, unerreichb­are Homosexuel­le und letztlich der Milliardär Aristotele­s Onassis, zu dem sie ein geradezu masochisti­sches Verhältnis pflegte.

Dabei lag ihr der Rest der Welt zu Füßen. Ihren Spitznamen „Tigerin“trug sie nicht zufällig: Siewar ein Bühnentier, eine Tragödin, wo Charisma und höchste Gesangskun­st sich zu einer unwiderste­hlichen Mischung vermengten. Sie verwandelt­e ihre Figuren in Heldinnen und sang mit unvergleic­hlicher Ausdrucksk­raft und instinktiv­er Intelligen­z. Die Intensität ihrer Performanc­es verzehrte letztlich auch die Interpreti­n. Schon 1954 hatte die Callas die erste Stimmkrise. Nach kurzen 13 Jahren war die Bühnenkarr­iere der Diva, die das Verständni­s von Operngesan­g verändert hatte, vorbei.

Der Regisseur Tom Volf lässt die Drama Queen, unbarmherz­ig gegen sich und gegen andere, selbst zuwort kommen. Sein Film „Maria by Callas“besteht ausschließ­lich aus Aussagen, Interviews, Briefen der Callas. Im Zentrum steht ein Gespräch mit David Frost, das die Callas 1970, sieben Jahre vor ihrem Tod, geführt hatte.

Die Person Callas ist längst analysiert und erklärt. Warum ihre Stimme eine so einzigarti­ge Wirkung hat, wird immer ein bisschen Geheimnis bleiben. Auch nach „Maria by Callas“.

 ??  ?? Rasch verglüht: Maria Callas war unbarmherz­ig gegenüber anderen und sich selbst. Ihr Leben war schillernd und oft unglücklic­h. In „Maria by Callas“kommt ausschließ­lich die Operndiva selbst zu Wort. 17. JUNI 2018
Rasch verglüht: Maria Callas war unbarmherz­ig gegenüber anderen und sich selbst. Ihr Leben war schillernd und oft unglücklic­h. In „Maria by Callas“kommt ausschließ­lich die Operndiva selbst zu Wort. 17. JUNI 2018
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