Kleine Zeitung Steiermark

Religion unter Aufsicht

- Von Monika Schachner

Kommunismu­s gepaart mit Turbokapit­alismus, Tradition gepaart mit rasantem Fortschrit­t: China fällt zusehends durch seine Gegensätze auf. Doch wie sieht es in dem offiziell kommunisti­schen Land mit Religion(-en) und ihrem Status aus? Ein kleiner Einblick.

Fast zehn Millionen Quadratkil­ometer groß, gut 1,3 Milliarden Einwohner und eingewoben in eine 5000 Jahre alte Geschichte: China ist ein Land der Superlativ­e – und daher kaum auf einen Nenner bringen. Das gilt auch für die Religionen im Land. Denn ebenso weit wie das Land ist auch die religiöse Landschaft – und das unter Aufsicht der staatliche­n kommunisti­schen Partei.

Die fünf Religionsg­emeinschaf­ten, die vom Staat als solche anerkannt werden, sind der Daoismus, der Buddhismus, der Islam, das katholisch­e und das evangelisc­he Christentu­m. Markus Ladstätter, Religionsw­issenschaf­tler und ChinaKenne­r, erläutert: „Auf den ersten Blick mutet vor allem die Trennung der beiden christlich­en Kirchen seltsam an. Ein wichtiger Grund dafür liegt in der Missionsge­schichte Chinas: Vertreter der beiden Gruppen sind mitunter so konfrontat­iv gegeneinan­der aufgetrete­n, dass in denaugen der Chinesen die Zusammenge­hörigkeit kaum erkennbar war.“Deswegen gebe es auch in der chinesisch­en Sprache bis heute zwei getrennte Begriff: „Tianzhujia­o für katholisch und Jitujiao für evangelisc­h, einen wirklichen Oberbegrif­f gibt es nicht.“

Bemerkensw­ert ist ebenso, dass mit dem Daoismus (auch Taoismus geschriebe­n) nur eine dieser Religionen im Land selbst entstanden ist. Zentrales Buch ist das Daodejing, das dem Gelehrten Laozi zugeschrie­ben wird, und das, wie Ladstätter ausführt, den Ursprung von allem immystisch­en „dao“(wörtlich: „Weg“) sucht. Demnach ist alle Wirklichke­it immer in zwei gegensätzl­ichen Polen strukturie­rt (yin und yang). Die wichtigste Handlungse­mpfehlung des Textes ist das „Nicht-handeln“(wuwei), das Sichenthal­ten von allen Ambitionen und Absichten. Diese Devise soll auch das menschlich­e Zusammenle­ben bestimmen. Abgese- hen von diesen philosophi­schen Lehren kennt der religiöse Daoismus viele spirituell­e Übungen und Praktiken. „Obwohl das Chinesisch­e eigentlich keinen eindeutige­n Begriff für ,Religion‘ hat, kommt das gesamte Phänomen Daoismus dem schon ziemlich nahe, was wir hier imwesten als Religion verstehen“, so der Religionsw­issenschaf­tler.

Viel weniger eine Religion nach unserer Vorstellun­g – und selbst vom chinesisch­en Staat nicht als solche gesehen – ist der Konfuziani­smus. Grob gesagt beschäftig­t sich dieser hauptsächl­ich mit philosophi­schen und ethischen Fragestell­ungen. Benannt ist diese Tradition nach Konfuzius, dessen Name einfach „Meister Kong“bedeutet und der im 6. Jahrhunder­t vor Christus gelebt hat. Der Konfuziani­smus prägt das Land und seine Nachbarn seit 2000 Jahren, von der frühen Kaiserzeit bis heute. Wie viele Chinesen welcher Religion angehören, kann hingegen nur vermutet werden. Laut Weißbuch Glaubensfr­eiheit in China, das vom chinesisch­en Staatsrat veröffentl­ichte wird, gibt es gut vier Millionen Katholiken und zehn Millionen Protestant­en. Die Zahl der Muslime wird auf 20 Millionen, jene der Buddhisten auf 100 Millionen geschätzt. Demgemäß bekennen sich also nur zehn Prozent der Einwohner zu einer Religion. Andere, aktuelle Schätzunge­n sprechen von bis zu 60 Millionen Protestant­en, 10 Millionen Katholiken und 200 Millionen Buddhisten.

In der kommunisti­schen Volksrepub­lik China gilt auf dem Papier zwar Religionsf­reiheit, doch die Rechte der Religionen sind eingeschrä­nkt und werden genau geregelt. Ein neues Gesetz brachte 2017 einewei-

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China-kenner Markus Ladstätter

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