Religion unter Aufsicht
Kommunismus gepaart mit Turbokapitalismus, Tradition gepaart mit rasantem Fortschritt: China fällt zusehends durch seine Gegensätze auf. Doch wie sieht es in dem offiziell kommunistischen Land mit Religion(-en) und ihrem Status aus? Ein kleiner Einblick.
Fast zehn Millionen Quadratkilometer groß, gut 1,3 Milliarden Einwohner und eingewoben in eine 5000 Jahre alte Geschichte: China ist ein Land der Superlative – und daher kaum auf einen Nenner bringen. Das gilt auch für die Religionen im Land. Denn ebenso weit wie das Land ist auch die religiöse Landschaft – und das unter Aufsicht der staatlichen kommunistischen Partei.
Die fünf Religionsgemeinschaften, die vom Staat als solche anerkannt werden, sind der Daoismus, der Buddhismus, der Islam, das katholische und das evangelische Christentum. Markus Ladstätter, Religionswissenschaftler und ChinaKenner, erläutert: „Auf den ersten Blick mutet vor allem die Trennung der beiden christlichen Kirchen seltsam an. Ein wichtiger Grund dafür liegt in der Missionsgeschichte Chinas: Vertreter der beiden Gruppen sind mitunter so konfrontativ gegeneinander aufgetreten, dass in denaugen der Chinesen die Zusammengehörigkeit kaum erkennbar war.“Deswegen gebe es auch in der chinesischen Sprache bis heute zwei getrennte Begriff: „Tianzhujiao für katholisch und Jitujiao für evangelisch, einen wirklichen Oberbegriff gibt es nicht.“
Bemerkenswert ist ebenso, dass mit dem Daoismus (auch Taoismus geschrieben) nur eine dieser Religionen im Land selbst entstanden ist. Zentrales Buch ist das Daodejing, das dem Gelehrten Laozi zugeschrieben wird, und das, wie Ladstätter ausführt, den Ursprung von allem immystischen „dao“(wörtlich: „Weg“) sucht. Demnach ist alle Wirklichkeit immer in zwei gegensätzlichen Polen strukturiert (yin und yang). Die wichtigste Handlungsempfehlung des Textes ist das „Nicht-handeln“(wuwei), das Sichenthalten von allen Ambitionen und Absichten. Diese Devise soll auch das menschliche Zusammenleben bestimmen. Abgese- hen von diesen philosophischen Lehren kennt der religiöse Daoismus viele spirituelle Übungen und Praktiken. „Obwohl das Chinesische eigentlich keinen eindeutigen Begriff für ,Religion‘ hat, kommt das gesamte Phänomen Daoismus dem schon ziemlich nahe, was wir hier imwesten als Religion verstehen“, so der Religionswissenschaftler.
Viel weniger eine Religion nach unserer Vorstellung – und selbst vom chinesischen Staat nicht als solche gesehen – ist der Konfuzianismus. Grob gesagt beschäftigt sich dieser hauptsächlich mit philosophischen und ethischen Fragestellungen. Benannt ist diese Tradition nach Konfuzius, dessen Name einfach „Meister Kong“bedeutet und der im 6. Jahrhundert vor Christus gelebt hat. Der Konfuzianismus prägt das Land und seine Nachbarn seit 2000 Jahren, von der frühen Kaiserzeit bis heute. Wie viele Chinesen welcher Religion angehören, kann hingegen nur vermutet werden. Laut Weißbuch Glaubensfreiheit in China, das vom chinesischen Staatsrat veröffentlichte wird, gibt es gut vier Millionen Katholiken und zehn Millionen Protestanten. Die Zahl der Muslime wird auf 20 Millionen, jene der Buddhisten auf 100 Millionen geschätzt. Demgemäß bekennen sich also nur zehn Prozent der Einwohner zu einer Religion. Andere, aktuelle Schätzungen sprechen von bis zu 60 Millionen Protestanten, 10 Millionen Katholiken und 200 Millionen Buddhisten.
In der kommunistischen Volksrepublik China gilt auf dem Papier zwar Religionsfreiheit, doch die Rechte der Religionen sind eingeschränkt und werden genau geregelt. Ein neues Gesetz brachte 2017 einewei-