Lockvogel und Lynchjustiz
Zur Rtl-affäre in Bremen.
derzeit mitdem Slogan „25 Jahre Marktführerschaft aus einem einzigen Grund: Zuschauer“. Was dieses Eigenlob so alles ausschließt, haben die Gestalter des Sujets wohl übersehen, fürs Publikum aber ist es offensichtlich: Alles andere als führend ist RTL in Sachen Qualität und Seriosität.
Das zeigt der beschämende Fall des Rtl-mittagsmagazins „Punkt 12“, das jüngst in Bremen einen Fall von Lynchjustiz auslöste. Für einen Beitrag über Pädophilie verabredete sich ein angeblich 13-jähriger Lockvogel mit einem erwachsenen Mann. Der wurde zwar unkenntlich gemacht – aber ein anderer, völligunbeteiligter, in dem ein Lynchmob den Gefilmten zu erkennen glaubte, wurde daraufhin halb totgeschlagen. Derweil ergaben Polizeiermittlungen, dass auch der Mann aus dem Rtl-beitrag kein Pädophiler ist.
Unschuldige sind gefährdet worden, die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen RTL. Der Sender behauptet dennoch, er habe seine journalistische Sorgfaltspflicht „in jeder Hinsicht wahrgenommen“. Echt jetzt? Und man dachte schon, man habe den Preis gesehen, den sich der Sender seine Marktführerschaft kosten lässt: die Aufgabe jeglicher journalistischer Scham. Wie das halt so ist, wenn hemmungslose Quotengeilheit die Berichterstattung diktiert.