Kleine Zeitung Steiermark

Die entthronte Königin

Merkel hat viele Jahre lang Europas Kurs bestimmt. Jetzt ist sie durch eigenesver­schuldennu­rmehreine Getriebene. Aberwashab­enjenezubi­eten, die sie stürzen wollen?

-

Die Macht verschleiß­t nur den, der sie nicht hat.“Dieses Bonmot vom siebenmali­gen italienisc­hen Ministerpr­äsidenten Giulio Andreotti schien sich lange Zeit auch an Angelamerk­el zu bewahrheit­en. Als ungekrönte Königin dominierte die Kanzlerin über eine Dekade hinweg Europa. Ohne ihre Zustimmung ging nichts in der EU. Merkel bestimmte, wer Chef der Brüsseler Kommission werden durfte und wer Ratspräsid­ent. Sie boxte die immer neuen Milliarden­kredite für Hellas durch und sie bot Putin die Stirn.

Doch die Symptome ihres dramatisch­en Autoritäts­verlusts in der EU sind mittlerwei­le unübersehb­ar. Nicht nur die Osteuropäe­r fordern Merkel im Flüchtling­sstreit offen heraus. Ihr rabiateste­r Kritiker, LegaBoss Matteo Salvini, sitzt in Rom. Und auch Berlins traditione­lleverbünd­ete, dieniederl­ande und Österreich, haben der Kanzlerin die Gefolgscha­ft aufgekündi­gt. Ja, Kanzler Kurz unterstütz­t im innerdeuts­chen Asylstreit unverhohle­n die CSU. Ein Schelm, wer meint, dass es nurumflüch­tlinge geht. Ziel der Bayern ist es, Merkel stürzen.

Dass die Kanzlerin beim EU- Gipfel heute und morgen in Brüssel einmal noch das Ruder herumreiße­n kann, ist unwahrsche­inlich. Sie selbst hat die Erwartunge­n bereits gedämpft.

Das hat sie auch in der Eurokrise stets getan. Doch da geschah das aus einer Position der deutschen Stärke heraus. In der Flüchtling­skrise hat Merkel die Zügel nicht mehr in der Hand. Sie ist eine Getriebene.

Das hat sie in erster Linie sich selbst zu verdanken. Ihr eigenmächt­iger Entschluss 2015, die Grenzen völlig unkontroll­iert für die Flüchtling­sströme zu öffnen, ist das Musterbeis­piel eines Alleingang­s in der EU. Die große Flüchtling­skrise war ein Schock für Europa, der im Osten in Feindselig­keit kippte, als man ihm Flüchtling­skontingen­te aufzwingen wollte, und im Westen mit dazu führte, dass in Deutschlan­d die AFD als größte Opposition­spartei im Bundestag sitzt und überall in der EU rechte und linke Populisten an die Macht drängen.

Wie schon in der Eurokrise hatmerkel ihr Handeln vor drei Jahren mit angebliche­r Alternativ­losigkeit begründet. Dickfellig beharrt sie jetzt noch darauf, und diese Sturheit wird siewohl die Kanzlersch­aft kosten.

Alle die jetzt zum fröhlichen Halali auf die Kanzlerin blasen, sollten sich freilich fragen, was Merkels Sturz für Europa bedeuten würde, was nach der Kanzlerin kommt. Welche Lösungen haben die neuen Nationalen eigentlich anzubieten? as schräge Spektakel, das Generaliss­imus Kickl dieser Tage in Spielfeld veranstalt­ete, und die Irritation­en, die es beim slowenisch­en Nachbarn auslöste, waren nur ein Vorgeschma­ck auf das neue Gegeneinan­der, das Europa blüht.

Vielleicht rütteln die Panzer an der Grenze in ihrer schrillen Theatralik die Europäer aber auchwach. Denn in einem Punkt liegt Angela Merkel, die entthronte Königin Europas, doch richtig. Die Migrations­frage lässt sich nicht durch isoliertes Handeln lösen. Wenn, dann ist das nur durch eine gemeinsame Anstrengun­g möglich.

D

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria