Angeklagter: „Dachte, Schenkkreis ist legal“
Das Verfahren gegen den ersten Angeklagten aus dem Voitsberger Pyramidenspiel wurde in Graz eröffnet.
FOTOLIA Der
Angeklagte (65) kann kaum ein Blatt Papier halten, so zittern seine Hände. Der Hälfte der Fragen von Richterin Michaela Lapanje kann er kaumfolgen, vieles hat er vergessen. Bis zu seinem Burnoutwar er „Managing Director“eines Finanzdienstleisters und hielt Vorträge über Investmentfonds.
Über einen Kollegen kam er 2006 auf ein Investment, das noch höhere Gewinne versprach: „Schenkkreise“in der Weststeiermark oder wie Staatsanwalt Hansjörg Bacher es nennt: „Verbotenes Kettenund Pyramidenspiel.“– „Natürlich fühle ich mich nicht schuldig“, so der Angeklagte.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm nicht nur die Beteiligung daran vor, sondern auch Betrug, weil er Angeworbenen vorgegaukelt habe, sie könnten jederzeit aussteigen. „Das ist ja wie ein Lauffeuer umgegangen“, erinnert sich der Pensionist und erklärt mühsam das Prinzip: Man zahlte 5000 Euro in der untersten Ebene eines „Charts“ein und musste zwei „Abdecker“finden“, die auch einzahlten und wieder je zwei Abdecker rekrutierten. So stieg man automatisch eine Ebene auf. In der vierten Ebene stieg man aus – mit 40.000 Euro in der Tasche.
„Mir wurde gesagt: Es ist legal, solange man im Ausland auszahlt.“War es nicht. Viele Weststeirer fuhren damals nach München. Das System lief, solange genug Mitspieler einzahlten. 2008 begann es nach Medienberichten und dem Start der Ermittlungen zu stocken. Gewinne blieben aus, viele verloren viel Geld.
„Mitspieler begannen sich gegenseitig zu beschimpfen, zu erpressen, zu bedrohen“, so der Verteidiger. Sein Mandant schlitterte nicht nur ins Burnout, sondern begann auch Geschädigte auszuzahlen. Er habe keinen Gewinn gemacht, sondern sogar 60.000 Euro mehr ausbezahlt als eingenommen. Um Geld aufzutreiben, stieg er sogar noch in einen weiteren Schenkkreis ein und in ein „Hilfschart“. „Ich habe weitergemacht in der Hoffnung, noch einmal Glück zu haben und alles zurückzahlen zu können.“
Der Prozess wird vertagt, Zeugen sind für den nächsten Termin geladen. Die nächsten zwölf Angeklagten werden ab Oktober vor Gericht stehen. Der Gesamtschaden des Pyramidenspiels soll über 300.000 Euro liegen. Unter den Angeklagten sind auchzwei Polizisten, die bereits seit Jahren suspendiert sind. Alfred Lobnik