An das „neue Talent“
Sebastian Kurz spricht heute im Europaparlament. Jean-claude Juncker gibt ihm – und der FPÖ – Empfehlungen mit auf denweg.
Das Europäische Parlament als direkter „verlängerter Arm“der Wähler hat gerne Gäste im Straßburger Plenarsaal, mit denen sich ein herzhafter Diskurs führen lässt. Heute ist Sebastian Kurz da. Er hält eine Grundsatzrede zum Eu-ratsvorsitz, wird also das österreichische Programm unter dem Motto „Ein Europa, das schützt“präsentieren, mit den schon bekannten Hauptthemen Migration, Digitalisierung, Westbalkan-erweiterung, BrexitVerhandlungen, mehrjähriger Finanzrahmen ... Und er wird sich einer harten Debatte stellen müssen, denn einige der Fraktionsvertreter, wie etwa Gabi Zimmer von der GUE (Linke), haben bereits angekündigt, den „rechts-konservativen“Kanzler wegen BeihilfenIndex und 12-StundenTag in die Mangel zu nehmen.
Der Zeitfaktor spielt für den Ratsvorsitz jedenfalls eine große Rolle, denn wie gestern Kommissionspräsident Jean-claude Juncker im Gespräch mit österrei- chischen Journalisten sagte, würde er sich sowohl den Finanzrahmen vor der Eu-wahl im kommenden Frühjahr als auch eine Finalisierung der Brexit-verhandlungen mit einem geordneten Austrittsverfahren vor dem Ausstiegsdatum dringend wünschen. Ganz zu schweigen von einem Vorankommen in der Neufassung der Asylregeln, wo ja bisher immerhin fünf von sieben Punkten unter Dach und Fach sind.
der Kommissionspräsident hat auch noch einige nuancierte Hinweise für die Präsidentschaft parat. Zu Kurz unterhalte er „gute“, zur Regierung „professionelle“Beziehungen. Er wolle keine öffentlichen Ratschläge abgeben, doch sei die FPÖ gut beraten, aus dem „Negativverein“ENF auszutreten. Juncker: „Aber das ist nicht meine Entscheidung. Die FPÖ ist, wie sie ist. Für mich gehört sie nicht in diese Rubrik“, sagte Juncker. Die ENF ist die Fraktion „Europa der Nationen und Freiheit“im Eu-parlament, der neben der FPÖ auch die Lega des italienischen Innenministers Matteo Salvini sowie die Chefin der früheren Front National (jetzt Rassemblement National) Marine Le Pen angehören. Juncker sagte, er habe in Brüssel ein gutes Gespräch mit dem Vizekanzler gehabt; von der Abwesenheit aller Fpö-regierungsmitglieder auf der Planai habe er nichts mitbekommen.
Von Kurz erwartet sich Juncker eine Ernsthaftigkeit im Bemühen, die angekündigte Vermittlerrolle einzunehmen. Er traue ihm das zu, Kurz gehöre zu den „neuen Talenten“in Europa. Aber: „Er weiß, dass auf dem Kompromissteller nicht nurwiener Schnitzel liegt.“Nachsatz: „Ich bin ein großer Fan von Wiener Schnitzel.“