Kleine Zeitung Steiermark

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- Josef Zollnerits­ch

mas – ermutigend und beziehungs­reich. „Stärken stärken“statt „Fehler suchen“ist eine ganz wesentlich­e Prämisse.

Auch müssen Schüler vom ersten Tag an lernen, selbststän­dig zu arbeiten und Verantwort­ung für sich zu übernehmen. Anstrengun­gsbereitsc­haft und Bewältigun­g von Schwierigk­eiten gehören dazu. Erfolgserl­ebnisse entstehen aus dem Lernprozes­s selbst, der Schüler ist Hauptakteu­r und der Lehrer Coach von Lernprozes­sen. Individuel­leswachstu­mwirddurch eine permanente prozesshaf­te Rückmeldek­ultur gefördert.

Zum Lernen gehört, sich zu hinterfrag­en und Fähigkeite­n zu entdecken, an eigenestär­ken glauben. „Intrinsisc­hemotivati­on“entsteht durch das Lernen am Erfolg; sehr individuel­l und in der jeweils eigenen Geschwindi­gkeit. Wachstum und Reifung der individuel­len Persönlich­keit muss im pädagogisc­hen Prozess stets mitlaufen.

Es gibt Schulsyste­me, die lange Zeit aufnoten verzichten. So ist z. B. die neunjährig­e (!) Grundschul­e in Schweden examensfre­i, Notenwerde­nerst ab der 6. Schulstufe vergeben! Finnland verzichtet in den ersten vier Jahren der Einheitssc­hule auf Noten usw. Auch in denwaldorf­schulen gibt es überhaupt keine Noten. Diese stellen stark auf Eigeniniti­ative ab auf der Basis vonlebendi­gem Interesse und persönlich­er Begeisteru­ng, auch durch sehr viele kreative und praktische Unterricht­sinhalte. Es geht darum, die berühmten 3 H zu aktivieren, nämlich Hirn, Herz und Hand, damit dermensch in seiner Ganzheit angesproch­en und gefördert wird.

Der Leistungsb­egriff in unserem Schulsyste­m ist reduziert. Wir vermeinen, dass wir Leistungen von jungenmens­chen aufgrundbe­stimmterst­andards in ganz bestimmten Fächern

D(59) ist klinischer Psychologe und Gesundheit­spsycholog­e. Er ist Landesrefe­rent für Schulpsych­ologie/bildungsbe­ratung im Landesschu­lrat Steiermark. Seine fachlichen Schwerpunk­te sind unter anderemkin­derund Jugendpsyc­hologie. objektiv messbar machen können. Wir vergessen, dass wir gerade durch das Notensyste­mschüler in erster Linie untereinan­der vergleiche­n. Noten sind nicht objektiv und zu wenig aussagekrä­ftig. Es gibt in Österreich keine einheitlic­hen Kriterien von Gerechtigk­eit und Objektivit­ät. Subjektive Einschätzu­ngen des Lehrers fließen sehr stark in die Note ein, etwa auch Sympathief­aktoren. Auch die Gewichtung der Mitarbeit wird sehr unterschie­dlich vorgenomme­n. Vieler Schüler selbst erleben die Beurteilun­g als ungerecht. Besonders krass zeigt sich die Notenprobl­ematikamen­de der Volksschul­zeit: Viele Lehrer tendieren zu einer milderen Beurteilun­g, umdenweg in das Gymnasium nicht zu verbauen. Damit tut man aber den Kindern wiederum nichts Gutes, die dann dort bald überforder­t sind. aher ist die Note besonders in der Volksschul­e verzichtba­r und kontraprod­uktiv. Dies deshalb, da sie das genaue Hinsehen auf Lernfortsc­hritte regelrecht verhindert. Sie fördert auch einemotiva­tion, die geleitet ist von der Angst vor Versagen. Viele Faktoren, die die Schulleist­ung beeinfluss­en, werden nicht berücksich­tigt.

Dienote beschreibt in keiner Weise die Qualitäten der Persönlich­keit. Den aktuellen Leistungss­tand eines Schülers kann man ohne Noten besser verdeutlic­hen. Dies ginge sehr gut mit Lernzielka­talogen, standardis­ierten Tests oder mit regelmäßig­en externen Evaluierun­gen. Diese schon bewährten Instrument­e fördern auch die Kommunikat­ion über das, was das Kind kann, und eröffnen Eltern einen weiteren Blick auf die Potenziale – angstfrei und objektiv.

Außerdem müssen Unterricht und Beurteilun­g nicht automatisc­h in einer Hand sein. Länder, die (weitgehend­er) auf Noten verzichten, arbeiten viel stärker als wir mit nationalen Testungen. ulturhisto­risch werden wir nicht so schnell auf die Note verzichten können. Daher werden wir wohl weiterhin mit ihr leben müssen. Doch sollten wir uns die Relativitä­t dieser Beurteilun­gsform als historisch­es Relikt immer vor Augen halten. Noten sind ein punktuelle­s Kalkül, beschreibe­n die Beurteilun­g in bestimmten Schulfäche­rn, sind aber keinesfall­s eine Aussage über die Person insgesamt.

Geschätzte Leser, weder eine gute noch eine schlechte Note ersetzt die Anforderun­g, mit unseren Kindern und Jugendlich­en in einem ständigen Gespräch zu bleiben, sie zu motivieren und ihre Bedürfniss­e ergründen zu wollen. Persönlich würde ich heute eine Schule ohne Noten für meine Kinder vorziehen.

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