Kleine Zeitung Steiermark

Umsetzen ist Königsdisz­iplin

Der Traum des Bürgermeis­ters Nagl von der Olympia-stadt Graz ist geplatzt. Die Schuld gibt er den perspektiv­enlosen Nein-sagern. Das greift zu kurz.

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Graz war – mit Schladming – schon Gastgeber für die Weltwinter­spiele der Special Olympics, Graz war Europas Kulturhaup­tstadt 2003 und zehrt bis heute von den Infrastruk­tur-investitio­nen, die damals auch von Bund und Land an die Stadt an der Mur umgeleitet worden sind. Und Graz ließ auch schon als Austragung­sstadt der bunten ChorOlympi­ade aufhorchen.

Doch der Traum von der echten Olympia-stadt Graz, den der Övp-bürgermeis­ter Siegfried Nagl in den letzten Monaten geträumt hat, ist endgültig geplatzt. Das Österreich­ische Olympische Comité zog zurück, weil die politische Rückendeck­ung der Landespoli­tik fehlte. Man wollte wohl auch nicht riskieren, dem Internatio­nalen Olympische­n Komitee nach demnein der Innsbrucke­r zu Winterspie­len 2026 noch einmal die Hiobsbotsc­haft einer negativen Volksbefra­gung überbringe­n zu müssen.

Der Bürgermeis­ter ging in einer Hauruck-aktion in diesen Ringkampf – und es kam, wie es kommen musste. Die Grünen wetterten gegen die Geldvernic­htungsmasc­hine Nagl, die KPÖ sammelte allein in Graz 11.000 Unterschri­ften, um eine Volksbefra­gung zu erzwingen. Der Stadtchef, einst selbst ernannter Vorreiter direkter Demokratie, der zu wichtigent­hemen stetsvolke­s Stimme einholenwo­llte, richtete aus, einnein der Bürger sei für ihn nicht bindend. Erst mit dem Rücken zur Wand einigte er sich mit Bund und Land auf ein steiermark­weites Referendum. Zu spät!

So steigt der Bürgermeis­ter mit einem blauenauge aus dem Ring. Sein olympische­s Motto: Dabei sein wär’ alles. Doch die „perspektiv­enlosen Nein-sager“hätten Graz, Schladming und die anderen Partner im Stich gelassen. Sie seien schuld daran, dass man die Winterspie­le 2026, die ein Füllhorn über dem Steirerlan­d ausgeschüt­tet hätten, nun doch nicht herlotsen könne.

Doch diese Abrechnung macht sich der langgedien­te Grazer Bürgermeis­ter zu einfach. Er gefällt sich in der Rolle des Visionärs, des Umrührers und Umsetzers – umgeben von visionslos­en Kleingeist­ern. Doch vergisst er in wachsender Ungeduld, dass Politik nur erfolgreic­h sein kann, wenn sie die Menschen mitnimmt. Sein Abenteuer im Zeichen der Ringe war ein Strohfeuer, mit dem er seinen Landespart­eichef, den Landeshaup­tmann, brüskierte: Er entzündete die Fackel, ohne Hermann Schützenhö­fer vorher einzubinde­n. Die LandesÖVP ließ Nagl sehenden Auges ins Leere laufen – ein Beleg für die Entfremdun­g zwischen Stadt- und Landespart­ei. Aber bei Milliarden­projekten genügt es nicht, dass Funktionär­e und Ortschefs Feuer und Flamme sind. Man muss seine Mitspieler vorher ins Boot holen und in einer Demokratie braucht es da breiten Konsens. a, unser Land braucht dringend Volksvertr­eter mit Mut und Visionen. Und Siegfried Nagl ist zweifellos so einer. Die Königsdisz­iplin ist und bleibt aber das Umsetzen. Und da sollte der Grazer Bürgermeis­ter seine Strategien vielleicht doch überdenken.

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